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Mit gutem Recht? Ein Aufführungsverbot des Films ist juristisch umstritten.

© dapd

Mohammed-Film - Debatte in Deutschland: Schmäh-Video: Von Fall zu Fall

Das Strafrecht gibt keine klare Antwort auf die Frage, ob ein Aufführungsverbot für das umstrittene Mohammed-Video rechtlich zulässig ist oder nicht.

Die Debatte um die „Unschuld der Muslime“ fordert auch die Juristen heraus. Ob eine Aufführung verboten werden kann, lässt sich nicht eindeutig beantworten. „Es kommt auf die Intentionen und Ziele an, die dahinterstehen“, sagte Tatjana Hörnle, Professorin für Strafrecht an der Humboldt-Universität, dem Tagesspiegel. Werde gegen den Blasphemie-Paragrafen 166 des Strafgesetzbuches verstoßen, sei ein Verbot möglich. Das könne gelten, wenn die rechtspopulistische Gruppierung „Pro Deutschland“ den Film in Berlin zeige und durch die zu erwartenden Proteste den öffentlichen Frieden gefährde. Die Beschimpfung des Islam durch die Darstellung Mohammeds als Kinderschänder und Frauenheld sei objektiv gegeben. Da gezielt Intoleranz geschürt werde, müsse die Kunstfreiheit dahinter zurücktreten.

Komplizierter ist die Einordnung jedoch, wenn der Film in einem anderen Kontext gezeigt wird. Die Stiftung „Cinema for Peace“ hatte geplant, bei einer Podiumsdiskussion über Meinungsfreiheit Ausschnitte zu zeigen, um so zu einer „konstruktiven“ Debatte beizutragen. Obwohl kein Straftatbestand erkennbar war, hat das Kino die Idee nach „kontroversen Diskussionen“ verworfen.

Für die Juristin Hörnle, die sich in einem Kommentar mit dem Paragrafen 166 beschäftigt hat, ist das Gesetz aus den 80er Jahren keien Antwort auf die aktuelle Debatte. Dafür sei der Begriff des „öffentlichen Friedens“ zu weit gefasst. „Wer entscheidet, wann und inwiefern dieser gefährdet ist?“, fragt sie. Die Rechtsprechung sei sehr großzügig – und für den Gesetzgeber keine große Hilfe. „Beim Blick ins Gesetz kann der Rechtsanwender nicht ohne Weiteres mit Ja oder Nein entscheiden, ob die Vorführung strafbar ist.“

Im Innenministerium wird auch aus diesem Grund ein Verbot weiterhin geprüft. Nach polizeirechtlicher Einschätzung durch das Bundeskriminalamt (BKA) sei dies in „sehr engen Grenzen möglich“, sagte Sprecher Jens Teschke dem Tagesspiegel. Doch ein generelles Verbot sei nicht durchzusetzen. „Das liegt im Ermessen der jeweiligen Verwaltungsgerichte und hängt vom Einzelfall ab“, erklärte er. Eine Entscheidung über die von „Pro Deutschland“ geplante Aufführung sei noch nicht gefallen. Das Ministerium rechnet in Kürze mit einer Anmeldung. „Bis dahin warten wir ab.“

Aus juristischer Sicht besteht nach Hörnles Einschätzung Handlungsbedarf. Entweder Paragraf 166 werde abgeschafft, um die Meinungsfreiheit zu stärken. Oder der Begriff des „öffentlichen Friedens“ werde präziser definiert. „Die derzeitige Gesetzeslage überfordert nicht nur Laien, sondern auch Juristen. Aber dies ist wegen der notwendigen Abwägung mit Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit kaum zu ändern.“

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