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Politik: Schön in der Fahrrinne bleiben

Rot-Grün sucht den Kurs für das Jahr 2005 – zwischen Reformfreude und Reformangst

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Im Bundestag bricht heute die letzte Sitzungswoche in diesem Jahr an, und Regierung wie SPD-Führung bewegt die Frage, mit welchen politischen Initiativen die rot-grüne Koalition das kommende Jahr und damit die Zeit vor der nächsten Bundestagswahl bestreiten soll. Während die Bundesregierung brüsk Meldungen zurückweist, sie plane bereits ein milliardenschweres Konjunkturprogramm, haben einzelne Genossen, unter ihnen Fraktionsvize Michael Müller und der Chef des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Rainer Wend, ihre Ideen für 2005 bereits kund getan. Sie reichen von Investitionsprogrammen zur raschen und konkreten Ankurbelung der Auftragslage für Unternehmen bis zu staatlich angeschobenen Innovationsprogrammen. Und sie folgen alle dem gleichen Gedanken: Wenn in zwölf Monaten das Wahljahr 2006 anbricht, soll niemand auf ein vertanes politisches Jahr 2005 zurückblicken.

Wohin die rot-grüne Reise gehen wird, ist derweil kaum erkennbar. Und schon gar nicht, woher man das Geld für Neues nehmen will. Unausweichlich werden ab Januar vereinzelte Reparatur-Initiativen sowohl an der im Januar startenden Lkw-Maut als auch an den Hartz-Gesetzen zum Umbau des Arbeitsmarktes sein. Insbesondere Letzteres muss Rot-Grün bis zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen möglichst geräuschlos über die Bühne bringen. Was nebenbei auch für etwaige Eingriffe im Renten- und Gesundheitsbereich gilt, wenn die Konjunktur nicht wie gewünscht anspringt und die Sozialkassen füllt. Alles darüber Hinausgehende bleibt jedoch vage.

SPD-Chef Franz Müntefering hat jetzt erst einmal die Marschrichtung grob vorgegeben: „Reformen bleiben nötig“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Allerdings soll der Begriff optimistischer definiert werden. Sie sollen „Lust auf Neues machen“, statt „nur aus Einschnitten und Verlusten“ zu bestehen. Und was die Wucht und Geschwindigkeit der Veränderungen betrifft, will Müntefering den Koalitionstanker offenbar auf Sicht steuern, also immer in der Fahrrinne zwischen, wie er sagt, „sich etwas mehr Zeit nehmen“ und „die Hände in den Schoß legen“.

Das Kanzleramt setzt für 2005, ähnlich wie vor 12 Monaten, offenbar auf das Thema Innovation. Sein Chef, Frank-Walter Steinmeier, fordert im „Handelsblatt“ alle gesellschaftlichen Kräfte zu einer neuen Innovationskultur auf. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze reiche es nicht aus, die Sozialsysteme zu stabilisieren und den Arbeitsmarkt zu reformieren, schreibt er mit Blick auf die zurückliegenden Reformen der Agenda 2010. Wirtschaft, Politik und Wissenschaft müssten versuchen, in Deutschland einen Haltungswandel anzustoßen, durch den eine neue Innovationskultur wachsen könne.

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