zum Hauptinhalt

Politik: Schröder attackiert auf dem Weltgipfel deutsche Industrie

Kanzler: Unternehmen kümmern sich im Ausland nicht genügend um Umweltschutz /Kanada will Klimaschutz-Vertrag beitreten

Johannesburg. Kanada wird das Klimaschutzabkommen von Kyoto noch in diesem Jahr ratifizieren. Das kündigte der scheidende kanadische Premierminister Jean Chrétien am Montag beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg an. Damit werden die USA in ihrer Ablehnung des Kyoto-Protokolls weiter isoliert. Bisher gehörte Kanada mit den USA und Australien zu den Kritikern des Abkommens. Doch nach einem Jahr mit einer verheerenden Dürre in der Kornkammer Kanadas und heftigem innenpolitischem Streit über die Klimafrage will sich das Land nun dem Abkommen anschließen. Zuvor hatten einige kanadische Provinzen die Zentralregierung aufgefordert, das Klima-Abkommen zu unterzeichnen. Aus Kreisen der kanadischen Delegation war zu hören, dass Chrétiens Ankündigung auch ein innenpolitischer Schachzug sei. Sein vermutlicher Nachfolger sei ein Gegner des Kyoto-Protokolls.

Bundeskanzler Gerhard Schröder griff in Johannesburg den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) an. Am Rande des Gipfels kritisierte er, dass der BDI sich geweigert hatte, eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung europäischer Sozial- und Umweltstandards bei Auslandsinvestitionen zu unterzeichnen. Im Vorfeld des Gipfels hatte die Regierung mit Unternehmens- und Umweltverbänden über eine solche Vereinbarung verhandelt. Sogar der Verband der Chemischen Industrie habe das Papier unterschreiben wollen, sagte Umweltminister Jürgen Trittin. Doch der BDI verweigerte die Unterschrift. Schröder: „Ich halte das für eine ziemlich unverantwortliche Politik.“

Schröder hatte zuvor im Plenum ein Investitionsprogramm für erneuerbare Energien und Energieeffizienz in Entwicklungsländern angekündigt. Eine Milliarde Euro will die Regierung dafür in den kommenden fünf Jahren ausgeben. Eine Einigung auf ein verbindliches Ziel bei der Nutzung erneuerbarer Energien kam in Johannesburg indes nicht zustande. Deutschland, das selbst schon vieles erreicht habe, könne „mit Selbstbewusstsein, aber ohne jede Spur von Überheblichkeit“ Entwicklungsländern seine Erfahrung und Unterstützung beim Ausbau erneuerbarer Energien anbieten, sagte Schröder. Der Kanzler lobte die in der Nacht zuvor erzielte Einigung, dem Ziel, die Zahl der Menschen ohne sauberes Trinkwasser bis 2015 zu halbieren, ein weiteres hinzuzufügen: Bis 2015 soll auch die Zahl der Menschen ohne Zugang zu einer Abwasserentsorgung halbiert werden. . Schröder sprach sich auch dafür aus, wettbewerbsverzerrende Agrarsubventionen abzubauen.

Simbabwes Präsident Robert Mugabe verteidigte unterdessen beim Weltgipfel in Johannesburg die Vertreibung weißer Farmer in seinem Land als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung. „Wir sind wirtschaftlich ein besetztes Land“, sagte Mugabe. „Deshalb hat sich meine Regierung entschieden, das Land an seine rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.“ Dagmar Dehmer

NAME

Zur Startseite