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Seine Agenda: Der damalige Kanzler Gerhard Schröder hatte vor zehn Jahren das Reformpaket durchgesetzt. Seine Partei bezahlte einen hohen Preis dafür. Foto: Stephanie Pilick/dpa

© dpa

Politik: Schröders Erbe

Der Altkanzler redet am Jahrestag der Agenda 2010 vor der Fraktion – seine SPD steht heute weiter links.

Von Hans Monath

Berlin - Am kommenden Dienstag können viele SPD-Bundestagsabgeordnete nach langer Zeit einen alten Bekannten wieder treffen. Zum ersten Mal seit seinem Abschied von der Macht im Jahr 2005 wird Gerhard Schröder dann im Fraktionssaal der Sozialdemokraten im dritten Stock des Reichstags sprechen. Anlass für den Besuch des Ex-Kanzlers ist ein besonderes Jubiläum. Am Donnerstag ist es genau zehn Jahre her, dass Schröder am 14. März 3003 im Bundestag seine „Agenda 2010“-Rede hielt.

„Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen“, verkündete er damals. Zehn Jahre später gelten die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Reform der sozialen Sicherungssysteme als ein Erfolg, der Deutschlands Wirtschaftsboom erst möglich machte.

Doch Schröders eigene Partei bezahlte einen hohen Preis für seine Entschiedenheit. Die Gewerkschaften gingen ebenso auf Distanz zur SPD wie viele Stammwähler und lang gediente Funktionäre. Die sozialdemokratische Abspaltung „Wahlalternative für soziale Gerechtigkeit“ fusionierte mit der PDS zur Linkspartei, mit der Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine seinen alten Genossen das Leben schwer machte. Die Erosion seiner Machtbasis in der SPD war der wesentliche Grund dafür, dass Schröder 2005 die Flucht nach vorne antreten musste und nach der Wahl das Kanzleramt verlor.

Kein Wunder, dass die Sozialdemokraten viele Jahre lang mit dem Erbe Schröders haderten. Doch nach vielen Korrekturen, zuerst an der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose, die Union und FDP als Verrat am Reformwerk geißelten, scheint die SPD allmählich ihren Frieden mit dem alten Konzept gemacht zu haben. Jedenfalls war die Resonanz innerhalb der Partei gering, als die Parteilinke Hilde Mattheis vor einigen Wochen auch noch einschneidende Änderungen an den Zumutbarkeitsregelungen und bei der Anrechnung der Partnereinkommen für Arbeitslose verlangte.

Zuvor hatte Parteichef Sigmar Gabriel langwierige Versöhnungsarbeit geleistet, indem er Fehler wie die Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse zu korrigieren versprach und für seine Partei die „Würde der Arbeit“ wieder entdeckte. Programmatisch ist die SPD allerdings heute weit linker aufgestellt als zu Schröders Zeiten.

Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatten gemeinsam entschieden, den Ex-Kanzler einzuladen. Besonders über den Besuch freuen dürfte sich Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der seine Partei früher vehement vor Korrekturen der Agenda gewarnt hatte. Der Ex-Finanzminister würdigt Schröders Mut auch heute noch regelmäßig in SPD-Veranstaltungen – und erhält dann auch Applaus, der allerdings nie frenetisch ausfällt.

Die emotionale Distanz zu überbrücken dürfte Schröder vor der Fraktion leicht fallen, da bei dem Termin zugleich an sein Nein gegen den Irakkrieg vor zehn Jahren erinnert wird, mit dem sich seine Partei bis heute identifiziert. „Mut zum Frieden und Mut zur Veränderung“ war die Rede damals überschrieben.

Die Partei des Ex-Kanzlers plant keine eigene Veranstaltung zum Agenda-Jubiläum. Womöglich werden Gabriel und Steinbrück danach gefragt werden, wenn sie am Montag das Regierungsprogramm der SPD vorstellen. Am Donnerstag spricht Schröder dann selbst in einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung über sein Erbe. Welche Botschaft der Ex-Kanzler an seine Nachfolgerin im Kanzleramt und die eigene Partei richten will, macht er schon vorab mit dem Titel seines Vortrags deutlich. Der lautet in Anlehnung an seine folgenreiche Rede von vor zehn Jahren: „(Mehr) Mut zur Veränderung“.

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