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Politik: Schüssel legt Amt nieder Wiener

Noch-Kanzler tritt als Chef der ÖVP ab

Wien - Der scheidende österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat überraschend seinen Rücktritt als ÖVP- Vorsitzender bekannt gegeben. Schüssel wechselt ins Parlament und arbeitet nun als Fraktionschef – zumindest bis auf weiteres. Offenbar rechnet er sich gute Chancen aus, bald einen guten Posten bei der EU-Kommission in Brüssel zu bekommen.

Für eine weitere personalpolitische Überraschung sorgte Karl-Heinz Grasser, bis dato Österreichs wohl schillerndster Finanzminister und seit seiner Heirat mit der Kristall-Erbin Fiona Swarovski auch in Deutschland bekannt aus Funk und Society-Fernsehen. Er hat genug von der Politik: Am Dienstagvormittag verkündete der 38-Jährige, dass er der nächsten österreichischen Regierung nicht mehr angehören werde.

Bevor Grasser seinen Rücktritt öffentlich machte, hatte es in der konservativen Volkspartei (ÖVP) ein heftiges politisches Tauziehen gegeben. Die ÖVP ist künftig in der Regierung des neuen Kanzlers Alfred Gusenbauer (SPÖ) der Juniorpartner. ÖVP und SPÖ hatten bei der Wahl am 1. Oktober 2006 zusammen knapp 70 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen.

Vor allem Schüssel hatte Grasser eindringlich gebeten, weiterhin in der Regierung zu bleiben, und ihm sogar angeboten, die ÖVP-Mannschaft als Vizekanzler zu führen. Doch Grasser wollte offenbar nicht. Und nun werden auch in der ÖVP die Weichen in der Regierung ziemlich neu gestellt. Der bisherige Klubobmann, die österreichische Bezeichnung für den Fraktionschef im Parlament, Wilhelm Molterer, wird neuer Finanzminister, Vizekanzler und obendrein Parteichef der Volkspartei. Im April, bei einem ÖVP- Parteitag, soll die Übergabe in der Partei komplett erfolgen.

Weitaus hektischer verlaufen die Verhandlungen derzeit auf Seiten der Kanzlerpartei SPÖ. Vor allem in den Landesorganisationen regt sich ein enormer Widerstand gegen den Parteichef und Kanzler in spe, oder besser: gegen dessen Verhandlungsergebnis. Die mächtigen Landeschefs aus Oberösterreich und der Steiermark laufen Sturm gegen die Aufteilung der Ministerien zwischen ÖVP und SPÖ – und tatsächlich hat die ÖVP die Schlüsselressorts weitgehend behalten dürfen, während die SPÖ mit nicht ganz so wesentlichen Ressorts wie Landesverteidigung, Justiz oder Frauen und Medien abgespeist wurde. Bei einer Parteivorstandssitzung am Dienstagnachmittag stimmten gleich 16 von knapp 60 Delegierten gegen den Koalitionsvertrag. Dementsprechend schwierig ist die Suche der SPÖ nach den geeigneten Personen für die Ministerposten – diese sollen an diesem Mittwochmittag präsentiert werden.

Markus Huber

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