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Die elektronische Fußfessel soll helfen, Gewalttäter auf Abstand zu halten.

© dpa/Arne Dedert/dpa

Mehr Schutz für Frauen: Elektronische Fußfessel soll Gewalttäter auf Abstand halten

In Spanien wird das High-Tech-Instrument erfolgreich eingesetzt. Nun soll die Fußfessel nach dem Willen der Regierung auch in Deutschland Frauen mehr Sicherheit vor Ex-Partnern bieten.

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Die Zahlen des Bundeskriminalamts machen deutlich, wie groß das Problem ist: Im Jahr 2023 wurden 360 Frauen und Mädchen in Deutschland umgebracht. In knapp 70 Prozent der Fälle ging es um häusliche Gewalt. Täter waren der Partner, der Ex-Partner – oder der eigene Vater.

In Spanien wird schon seit vielen Jahren High-Tech zum Schutz von Frauen eingesetzt. Nun soll es sie nach dem Willen der noch amtierenden Regierung auch in Deutschland flächendeckend geben: die elektronische Fußfessel.

Eine am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Vorlage für eine Änderung des Gewaltschutzgesetzes sieht vor, dass Täter unter bestimmten Bedingungen eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Außerdem sollen sie zur Teilnahme an Anti-Gewalt-Kursen verpflichtet werden können. Offen ist allerdings, ob der Bundestag diese Änderung noch vor der geplanten Neuwahl am 23. Februar beschließen wird.

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen eine konkrete Gefahr insbesondere für Leib und Leben des Opfers besteht.

Bundesjustizministerium

„Der Kampf gegen häusliche Gewalt duldet keinen Aufschub“, sagte Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) der Agentur epd zufolge. Beinahe jeden zweiten Tag töte in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Die Zahlen häuslicher Gewalt stiegen seit Jahren an. „Wir müssen insbesondere Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen“, so Wissing. Der Bundestag könne den Gesetzentwurf noch vor der Bundestagswahl beschließen, „und er sollte das dringend tun“.

Das Bundesjustizministerium teilte mit: „Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen eine konkrete Gefahr insbesondere für Leib und Leben des Opfers besteht.“

Das Gewaltschutzgesetz, das seit 2002 in Kraft ist, ermöglicht Betroffenen unter anderem, vor dem Familiengericht Schutz zu beantragen. Bislang ist beispielsweise das Verbot möglich, eine Wohnung zu betreten oder sich zu nähern oder Kontakt aufzunehmen.

Durch die Gesetzesänderung könnten Familiengerichte künftig in Hochrisikofällen für drei Monate eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Monate.

Fußfessel kommuniziert mit einer GPS-Einheit

Technisch funktioniert das Prinzip so: Der Täter trägt eine Fußfessel, die mit einer GPS-Einheit kommuniziert, die das Opfer bei sich trägt. Sobald der Täter dem Opfer zu nahe kommt, wird ein mehrstufiger Alarm ausgelöst. Daraufhin werden die Betroffene, der Träger der Fußfessel und die Polizei benachrichtigt. Das GPS-Gerät, das das Opfer bei sich trägt, hat zusätzlich einen Panikknopf, um schnell Hilfe zu rufen.

In Spanien sind die Fußfesseln in Fällen häuslicher Gewalt schon seit 2009 im Einsatz. Dort sind sie ein voller Erfolg: Seit Start des Programms gab es dem Portal „Watson“ zufolge keinen einzigen Femizid bei Nutzerinnen des Geräts. Im spanischen Modell werden keine festen Verbotszonen, etwa der Wohnort oder der Arbeitsplatz, überwacht. Stattdessen geht es darum, den Abstand zwischen Täter und Opfer im Blick zu behalten.

Gegenüber dem Weißen Ring, einem Forum für Opferhilfe, sagte die Staatsanwältin Teresa Peramato dem Bericht zufolge über das spanische Modell, dass es neben der exakten Kontrolle, ob die Täter die Annäherungsverbote einhalten, auch der Abschreckung dient. Denn durch das System gibt es eine Dokumentation der Annäherungen. So können die Verstöße überhaupt erst bewiesen werden.

Union nicht zufrieden mit Regelung für Fußfessel

In Deutschland ist es bislang schwierig, rechtliche Konsequenzen durchzusetzen, wenn gegen das Kontaktverbot verstoßen wird. Die bloße Aussage einer Frau reicht dafür oft nicht aus. Beantragt werden kann Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. Die Bearbeitung der Anträge dauert allerdings meist Monate.

Die Bundesländer sind in der Frage allerdings zum Teil schon weiter und nutzen dafür auch das Polizeirecht sowie die Regelungen der Führungsaufsicht. Letztere greifen allerdings nur bei verurteilten Straftätern. Allerdings gibt es auch bei den Landesregierungen den Wunsch nach einer bundesgesetzlichen Regelung, die das Verfahren vereinfachen würde.

Sachsen teilte in dieser Woche mit, im Freistaat werde nun erstmals eine Fußfessel nach spanischem Modell angewandt, um eine Frau vor häuslicher Gewalt zu schützen. Gegen ihren vorbestraften Ex-Mann sei ein Kontakt- und Annäherungsverbot verhängt worden, das mithilfe der Fußfessel kontrolliert werde, teilten die sächsische Justizministerin Constanze Geiert und ihr hessischer Amtskollege Christian Heinz (beide CDU) mit. Es sei deutschlandweit das erste Mal, dass diese Technik zum Einsatz kommt.

Heinz hält es für falsch, dass das Tragen der Fußfessel im Entwurf der Bundesregierung auf drei Monate begrenzt wird. Er sagt: „Das ist aus unserer Sicht zu kurz.“

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), kritisierte, die Länder, die das Gewaltschutzgesetz am Ende umsetzen müssten, hätten kaum Zeit, sich damit auseinanderzustehen. Das Gesetz sei nun „kurz vor knapp erstellt“ worden. Ein Neuaufschlag in der neuen Legislatur scheint mir insgesamt erfolgversprechender.“ 

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