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Politik: Schwer zu steuern

Der Düsseldorfer OB verlangt Telefonkontrolle von Staatsanwälten – und eines Korrespondenten des Tagesspiegels

Von Matthias Meisner

Berlin. In der Affäre um die Vorwürfe der Steuerhinterziehung gegen den Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) geht der Beschuldigte jetzt in die Offensive. Denn der Politiker hat den Verdacht, die brisanten Informationen aus seiner Steuerprüfung seien von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit lanciert worden. Um das zu beweisen, drängen die Anwälte des CDU-Manns auch auf die Durchsuchung der Privat- und Geschäftsräume des landespolitischen Tagesspiegel-Korrespondenten in Düsseldorf, Jürgen Zurheide. Der hatte den Fall in dieser Zeitung vor Weihnachten ans Licht gebracht.

Der Deutsche Journalisten-Verband ist empört. Er sieht den Versuch Erwins, „von eigenen Verfehlungen abzulenken“. Für die Durchsuchung von Redaktions- oder gar Privaträumen gebe es keinen Grund, sagte Verbandschef Michael Konken dem Tagesspiegel: „Redaktionsgeheimnis und Informantenschutz müssen gewährleistet werden.“ Zurheide nennt es „ungeheuerlich“, wie Erwin versuche, ihn „als Überbringer der schlechten Nachricht zu diskreditieren“ und „einen Nebenkriegsschauplatz aufzumachen“. Beauftragt hat Erwin die Rechtsanwaltskanzlei Holthoff-Pförtner, die früher auch Altbundeskanzler Helmut Kohl vertrat.

In einem Fax an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit Datum vom 7. Januar, das dem Tagesspiegel am Sonntag vorliegt, äußert die Kanzlei die Vermutung, „dass ein Mitarbeiter Ihrer Behörde der Täter ist“. Zudem hegen die Anwälte „konkret die Besorgnis der Befangenheit“ der Staatsanwaltschaft. Begründung dafür: Auf die von den Anwälten beantragte Überwachung der „Telefonanlage sowie der dienstlichen und ggf. privaten Handys der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft“ sei dem Anschein nach nicht reagiert worden. Und auch der weiteren Forderung, die Privat- und Geschäftsräume Zurheides durchsuchen zu lassen, ist demnach unerwidert geblieben. Aus Sicht des Journalistenverbandes ist das auch sehr gut so. Konken lobte die Recherchen Zurheides als eindeutigen Fall von investigativem Journalismus. Zurheide hatte berichtet, dass die Ehefrau von Joachim Erwin 1998 offenbar rund drei Millionen US-Dollar in Luxemburg angelegt und die daraus erzielten Einnahmen nur sehr unvollständig den Behörden mitgeteilt habe. Bei einer Steuerprüfung Anfang Dezember hätten die Erwins, die gemeinsam veranlagt werden, zugeben müssen, dass sie 1998 rund 70 000 Mark und im Jahr 2000 noch einmal etwa 80 000 Mark an Zinseinkünften aus dieser Luxemburger Anlage „vergessen“ hätten. Auf eine präzise Anfrage des Tagesspiegels zum Sachverhalt hat Erwin bis heute nicht reagiert.

Stattdessen äußerte der CDU-Politiker nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Vermutung, die SPD-geführte Landesregierung stecke dahinter, dass der Düsseldorfer Journalist diese Informationen erhalten habe. Erwin sagte, die Regierung versuche, mit einer Kampagne seine Reputation zu zerstören und der SPD-Kandidatin Gudrun Hock „Schützenhilfe in einem aussichtslosen Wahlkampf“ zu geben – in NRW sind am 26. September Kommunalwahlen. Zurheide hatte jedoch im vergangenen Jahr im Kölner SPD-Spendenskandal als Erster die Informationen über die Selbstanzeigen von SPD-Kommunalpolitikern veröffentlicht.

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