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Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, bei einer Pressekonferenz Ende Januar.

© REUTERS/Sven Hoppe

Update

„Sexualität gehört eben zum Menschen dazu“: Kardinal Marx befürwortet Ende des Zölibats

Die katholische Sexualmoral habe „viele Verklemmungen erzeugt“, kritisiert Erzbischof Marx. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Bätzing stimmt ihm zu.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats ausgesprochen. „Es wäre besser für alle, die Möglichkeit für zölibatäre und verheiratete Priester zu schaffen“, sagte Marx der „Süddeutschen Zeitung“. „Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet. Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr Leben besser wäre und sie nicht einsam wären. Diese Diskussionen müssen wir führen.“

Marx bezeichnete die zölibatäre Lebensform als „prekär“. Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dem Zölibat und dem Missbrauch von Kindern sehe, antwortete Marx, pauschal könne man das nicht sagen. „Aber diese Lebensform und dieses Männerbündische ziehen auch Leute an, die nicht geeignet sind, die sexuell unreif sind. Und Sexualität gehört eben zum Menschen dazu, das geht auch nie vorüber.“ Die katholische Sexualmoral habe „viele Verklemmungen erzeugt“.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Er sei nicht gegen den Zölibat, sagte Bätzing am Donnerstag. Er sei aber dafür, dass es den Priestern freigestellt werde, ob sie ehelos leben wollten.

„Die Ehelosigkeit der Priester ist eine biblisch bezeugte Form der Jesus-Nachfolge, und das ist ein großer Schatz, und ich lebe diese Form gerne und hoffe, überzeugend“, sagte Bätzing. „Aber es ist nicht die einzige Form - in der katholischen Kirche eh schon nicht. Die katholischen Kirchen des Ostens haben verheiratete Priester, und das war immer meine Überzeugung: Ich kann nicht sehen, dass nicht die Ehe und das Priesteramt eine gemeinsame Bereicherung für diesen Dienst und für das gemeinsame Leben von Eheleuten geben könnte.“

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Die Stimmen in der katholischen Kirche, die eine Abschaffung des Zölibats fordern, werden in jüngster Zeit lauter. Am Wochenende hatte der Berliner Erzbischof Heiner Koch sich im Tagesspiegel-Interview ähnlich geäußert.

Auf die Frage, ob er die Öffnung des Priesteramts für Frauen befürworte, gab Marx keine keine klare Antwort. „Das wäre auch nicht hilfreich, es jetzt zu beantworten, weil es gerade dazugehört, dass wir im Gespräch bleiben. Ich bin nicht nur einer, der eine Meinung hat, sondern ich muss auch den Laden zusammenhalten.“

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Über den emeritierten Papst Benedikt, den unter anderem der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, zu einer Entschuldigung aufgefordert hatte, sagte Marx: „Ich will jetzt nicht über die Medien eine Forderung stellen, sondern eine Hoffnung äußern. Dass er sich, so wie angekündigt, umfassend äußert. Und dass die Erklärung auch ein gutes Wort der Anteilnahme mit den Betroffenen enthält.“

Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten Benedikt weitreichendes Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern in seiner Zeit als Münchner Erzbischof von 1977 bis 1982 nachgewiesen. Benedikt, ehemals Kardinal Joseph Ratzinger, rechtfertigte sich in einer langen Verteidigungsschrift. In einem wesentlichen Punkt musste er später aber eine Falschaussage einräumen. Er hat angekündigt, sich demnächst noch einmal ausführlicher zu dem Gutachten äußern zu wollen.

Kardinal Reinhard Marx selbst bot dem amtierenden Papst Franziskus im vergangenen Jahr seinen Rücktritt an. Das lehnte dieser ab. Nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens erklärte Marx kürzlich, er wolle als Kardinal weitermachen, „wenn das hilfreich ist“. (dpa)

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