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Politik: Sie kungeln wieder

Wie sich Koch und Steinbrück über die Steuergesetze einigen wollen

Von Robert Birnbaum

Eigentlich ist die Linie klar, an der entlang die Oppositionspolitik der Union verlaufen soll: Die Regierung hat Vorschläge auf den Tisch zu legen, die Opposition reagiert, alles geht seinen parlamentarischen Gang. Nebenabsprachen, Kungelrunden – nicht zu machen, hat Fraktionschefin Angela Merkel oft verkündet. Die Linie hat nur einen Nachteil: Nicht jeder hält sich daran. Roland Koch zum Beispiel hat sich nicht ganz daran gehalten. CDU und CSU steht Knatsch ins Haus.

Auslöser ist der Kompromissvorschlag zum so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetz, den der hessische CDU-Ministerpräsident am vorigen Mittwoch mit dem nordrhein-westfälischen SPD-Kollegen Peer Steinbrück ausgehandelt hat. Beide hatten dazu Auftrag vom Bundesrat. Die Unionsmehrheit in der Länderkammer blockiert das Gesetz, an diesem Mittwoch wird im Vermittlungsausschuss über einen Kompromiss geredet. Der harte Kern des Koch-Steinbrück-Papiers ist für CDU und CSU unanstößig: Aus dem Gesetzespaket soll eine Korrektur des Körperschaftsteuergesetzes erhalten bleiben, die Mehreinnahmen von rund 4,4 Milliarden Euro verspricht. Dies war stets die eine Ausnahme, die die Unionsspitzen von ihrem strikten Anti-SteuererhöhungsKurs machen wollten. Anders freilich die FDP; Walter Döring, FDP-Vize und Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg, hat den Kompromiss mutlos genannt. Schließen sich dem alle FDP-Koalitionen in den Ländern an, gerät der Vorschlag in Gefahr. Koch verteidigte sich am Sonntag: Es gehe nicht um höhere Steuern, sondern nur um Korrektur des nicht erträglichen Zustands, dass Großunternehmen keine Steuern zahlen.

Koch und Steinbrück gehen aber noch weiter. Der Vermittlungsausschuss soll zumindest eine Resolution zu Gunsten eines weiteren Abbaus von Steuervergünstigungen verabschieden, und er soll eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Vorschläge zu einem zehnprozentigen Subventionsabbau nach der Rasenmäher-Methode in den nächsten drei Jahren erarbeiten soll. Das Erste widerspricht dem Unions-Credo, auch indirekte Steuererhöhungen nicht zu dulden, das Zweite riecht nach außerparlamentarischer Kungelrunde. Zwar hat auch Merkel immer wieder einmal der Regierung eine „große Kooperation“ angeboten – aber eben im Bundestag, also unter ihrer Ägide als Fraktionschefin.

Dieser Teil des Kompromisspapiers hat freilich einen sachlichen Grund. Bleiben von den ursprünglich 15,6 Milliarden Euro des Regierungs-Steuerpakets nur noch 4,4 Milliarden Mehreinnahmen übrig, drohen Finanzminister Hans Eichel (SPD) in Brüssel Probleme. Die EU wollte das Steuer-Plus zugunsten Eichels im Defizit-Verfahren gegen Deutschland verbuchen. Eine Vereinbarung, wenigstens mittelfristig in etwa die gleiche Summe zu erwirtschaften, könnte Eichel helfen. Und es könnte die Drohung überflüssig machen, die Edmund Stoiber ausgestoßen hat: Wenn Deutschland an Brüssel Strafe zahlen müsse, dann müssten das Geld die aufbringen, die den Reformstau im Land verursacht hätten – Bayern also jedenfalls nicht.

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