zum Hauptinhalt

Politik: Sie sind in die Krise geraten - dabei wollten sie doch gerade die CDU vorführen

"Roland Koch wird sich ins Fäustchen lachen. Statt Opposition zu machen, nehmen einige von uns Kurs auf ein Insolvenzverfahren.

"Roland Koch wird sich ins Fäustchen lachen. Statt Opposition zu machen, nehmen einige von uns Kurs auf ein Insolvenzverfahren." Rupert von Plottnitz, der frühere hessische Justizminister, ist auch zwei Tage nach dem Debakel seiner grünen Landespartei außer sich vor Wut.

Bei der Kandidatur zur Landesvorstandssprecherin war am Sonnabend in Niedernhausen die Vorsitzende der Landtagsfraktion, Priska Hinz, mit 84 Nein- gegen 72 Ja-Stimmen glatt durchgefallen. Das Amt bleibt vorerst unbesetzt. Der frühere Bundestagsabgeordnete Hubert Kleinert, der in der Doppelspitze den männlichen Halb-Part geben wollte, darf nun erst einmal allein für den blamierten Landesverband sprechen. Und an Hinz wird gesägt: Sie will zwar Fraktionschefin bleiben, doch Gerüchten zufolge wird ihr auch dieser Posten missgönnt: Fraktionsgeschäftsführer Frank Kaufmann wollte sich am Montag nicht zu Gerüchten äußern, er werde als möglicher Nachfolger kandidieren. Am Abend traten die Führungsgremien von Partei und Fraktion zu einer Krisensitzung zusammen.

"Die Neigung zur Kritik hinter vorgehaltener Hand ist in unserer Partei offenbar weiter verbreitet, als ich angenommen hatte", erregt sich ein führender hessischer Grüner über den Stil der Auseinandersetzung in seiner Partei. Es gab keine Gegenkandidatin. Negative Bewertungen, die ehemalige Umweltministerin agiere blass, kümmere sich zu wenig um ihre Partei, neige zu Selbstüberschätzung und Arroganz, diktierten die grünen "Parteifreunde" den Journalisten zwar in die Blöcke, allerdings ohne genannt werden zu wollen. Eine "destruktive Mehrheit" - so ein Insider - konnte zwar die von Landesvorstand und Fraktion einstimmig empfohlene Wahl von Priska Hinz verhindern - trotz Sitzungsunterbrechung fand sich aber keine andere Kandidatin. Von den nominell 4000 Mitgliedern der Landespartei waren nicht einmal 200 gekommen, auch Joschka Fischer glänzte durch Abwesenheit.

Nach dem Debakel bei der Landtagswahl im vergangenen Februar hatten die hessischen Grünen gehofft, die Talsohle sei erreicht. Doch bei der Landesversammlung am Wochenende zeigte der einstige Vorzeige-Landesverband sichtbar Auflösungserscheinungen - ausgerechnet jetzt. In dieser Woche werden vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages alle Akteure des hessischen Teils der CDU-Finanzaffäre auftreten, allen voran Ministerpräsident Roland Koch und sein Staatskanzleichef, Minister Franz-Josef Jung. Die Öffentlichkeit wird daran erinnert, dass dieser Skandal keineswegs erledigt ist, anders als die in Wiesbaden Regierenden gerne glauben machen. "Roland Koch kann noch drei Rechenschaftsberichte fälschen, wir beschäftigen uns lieber mit uns selbst", sagt von Plottnitz, der als Obmann der Grünen im Wiesbadener Untersuchungsausschuss noch keinen Weg gefunden hat, die Blockade der CDU/FDP Mehrheit aufzubrechen. Anders als in Berlin haben die hessischen Regierungsparteien bis heute Zeugenvernehmungen verhindert, weil noch keine Akten vorlägen. Die Akten verwehrt ihnen die Staatsanwaltschaft, mit Unterstützung des CDU-geführten Justizministeriums. Inzwischen hat die CDU beantragt, dem Ausschuss Unterlagen vorzuenthalten, weil sie Interna der Partei enthielten.

Angesichts der grünen Formschwäche könnte sich immerhin die größere der Oppositionsparteien profilieren. Doch die hessische SPD hat den Zeitplan ihrer personellen Erneuerung nach der Wahlniederlage festgelegt, als sie mit vier Jahren Landtagsopposition rechnete. Mit Oppositionsführer Armin Clauss, 62, sehen die Sozialdemokraten in der direkten Konfrontation mit dem 41-jährigen Ministerpräsidenten alt aus. Gerhard Bökel, 53, der frühere Innenminister, läuft sich als Kandidat für Fraktionsvorsitz und Spitzenkandidatur warm, während andere, an ihrer Spitze der Bundeskanzler, den erfolgreichen Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke, 45, für künftige Aufgaben heftig ins Gespräch bringen. Auch die Sozialdemokraten haben also mit sich zu tun.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false