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Sommerpause? Nicht für SPD-Chef Lars Klingbeil.

© imago/Metodi Popow/IMAGO/M. Popow

SPD-Chef im Sommerinterview: Klingbeils vier Ansagen an den Kanzler

Im ARD-Sommerinterview beantwortet der SPD-Vorsitzende Fragen zur Raketenstationierung und dem Bürgergeld. Besonders häufig kommt er auf Kanzler Olaf Scholz zu sprechen.

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Die erste Frage an den SPD-Parteivorsitzenden erscheint ungeheuerlich: Ob er froh sei, wenn seine Partei es bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen überhaupt über die Fünfprozenthürde schaffe, wird SPD-Chef Lars Klingbeil zu Beginn des ARD-Sommerinterviews gefragt. Angesichts von Umfragen, die die Sozialdemokraten bei sechs beziehungsweise sieben Prozent sehen, ist es jedoch eine berechtigte Frage.

Sommerinterviews haben Tradition im politischen Berlin. Meist sind sie für die Parteivorsitzenden eine willkommene Gelegenheit, um in der nachrichtenarmen Zeit ihre Botschaften unters Volk zu bringen. Doch Klingbeil nutzt die Gelegenheit vor allem, um seinem Parteifreund Bundeskanzler Olaf Scholz ein paar Ansagen zu machen. Die zentralen Forderungen im Überblick.

1. Der Kanzler soll kämpfen

Nicht nur in Sachsen und Thüringen, auch im Bund stehen die Sozialdemokraten mit etwa 15 Prozent mies da. „Jetzt muss alles getan werden in den nächsten 13 Monaten, dafür, dass die Bundestagswahl anders ausgeht“, sagt der 46-Jährige und richtet seinen Fokus dabei auf Scholz.

Jeder weiß es, die SPD kann kämpfen, und das wird man in diesem Wahlkampf sehen.

Lars Klingbeil, SPD-Bundesvorsitzender

„Der Kanzler wird vorneweg marschieren, wird kämpfen, die ganze Partei mit ihm, um Vertrauen zurückzuholen“, sagt Klingbeil und spricht damit den Wunsch von vielen in der Partei aus. Nur ist der Kanzler bislang meist bei seinem stoischen Stil geblieben. Technokratisch, emotionslos und detailverliebt, lautet der Vorwurf.

Klingbeil setzt für den Bundestagswahlkampf 2025 aber auf Emotionen, wenn es wahrscheinlich gegen die Union unter CDU-Chef Friedrich Merz geht. Es werde eine große Polarisierung geben, prognostiziert Klingbeil. Dafür muss Scholz jedoch auch in die Offensive gehen: „Jeder weiß es, die SPD kann kämpfen, und das wird man in diesem Wahlkampf sehen.“

2. Das Soziale bleibt die rote Linie

In den zähen Haushaltsverhandlungen mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Scholz nur wenig Verhandlungsraum, denn seiner eigenen Partei konnte er vor allem bei den zuletzt stark gestiegenen Sozialausgaben nichts zumuten.

Das bleibt wohl auch so, machte Klingbeil deutlich: „Die rote Linie, dass Renten gekürzt werden, so wie Friedrich Merz und die FDP, Wirtschaftsweise und andere Expertinnen und Experten in diesem Land sich das vorgestellt haben, diese rote Linie kann nicht überschritten werden“, sagt Klingbeil. Das habe auch der Kanzler gewusst.

Auch an anderer Stelle macht der SPD-Chef deutlich, dass beim Sozialen nicht gespart werden dürfe. Beim Bürgergeld dürfe nicht weiter gekürzt werden, das Streikrecht bleibe unangetastet, und auch an der Rente mit 63 müsse man festhalten.

3. Kein Ampel-Streit mehr

Beim Thema Haushalt legt sich Moderator Matthias Deiß den SPD-Vorsitzenden zurecht. „Diese öffentliche Aufregung und dieser Tanz […] wäre in der letzten Woche wirklich vermeidbar gewesen“, kritisiert Klingbeil die Ampel-Spitzen. Nun hat Deiß ihn dort, wo er ihn haben will.

Im Zeitraffer zeigt er Klingbeil, wie häufig er die Ampel schon zur besseren Zusammenarbeit aufgefordert hat. „Sie sind richtig, weil sie mein Verständnis von Politik widerspiegeln“, verteidigt Klingbeil seine Appelle. Die Menschen im Land seien schwer genervt vom Dauerstreit, beobachtet er.

Ohne seinen Namen in den Mund zu nehmen, ist es auch eine Botschaft an den Bundeskanzler, dem viele auch in der SPD die Streitereien als Führungsschwäche auslegen. „Es gibt keine Geländegewinne an eine Regierung und das werde ich als SPD-Vorsitzender so häufig sagen, bis es besser wird.“

4. Der Kanzler muss die Raketenstationierung erklären

Im Osten rumort es, in der SPD brodelt es. Seit Scholz und US-Präsident Joe Biden am Rande des Nato-Gipfels mitgeteilt haben, dass in Deutschland ab 2026 US-Mittelstreckenraketen stationiert werden sollen, mehrt sich die Kritik am Alleingang des Bundeskanzlers.

Auch Klingbeil, eigentlich ein Unterstützer des Plans, fordert den Kanzler nun auf, sich dafür zu erklären. „Wir müssen mehr über Außen- und Sicherheitspolitik, über diesen Krieg, über Raketenstationierung diskutieren, weil die Bevölkerung natürlich verunsichert ist“, sagt der SPD-Vorsitzende.

Genau das ist jedoch der Vorwurf an Scholz, nämlich, dass er seine Ukrainepolitik häufig nicht klar kommuniziere und widersprüchlich handle. Gerade bei der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen, die Moskau erreichen könnten, sieht er Scholz in der Pflicht: „Ich erwarte, dass der Kanzler – und das wird er auch tun – sich im Bundestag natürlich erklärt“, sagt Klingbeil. Ende der Ansage.

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