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SPD: Gar nicht schiedlich-friedlich

Ein SPD-Gremium berät über den Ausschluss von Wolfgang Clement – an dessen Seite: Verteidiger Otto Schily.

Nach wenigen Sätzen ist Wolfgang Clement ganz der Alte. Das anstehende Parteiverfahren streift der einstige Superminister nur kurz, „da werden wir unseren Standpunkt klarmachen“. Natürlich will er kämpfen, und Otto Schily, der Freund aus gemeinsamen Tagen am Kabinettstisch von Gerhard Schröder, wird ihm heute als Anwalt zur Seite stehen. „Ich bin Sozialdemokrat und will es bleiben“, schießt es aus Clement heraus. Im parteiinternen Gezerre um seinen Ausschluss aus der SPD ist nun die Schiedskommission der NRW-Landespartei am Zug. Der 68-jährige frühere Ministerpräsident muss sich in nichtöffentlicher Sitzung des Parteigremiums in Düsseldorf verantworten, weil er vor der hessischen Landtagswahl indirekt dazu aufgerufen hatte, wegen ihrer Energiepolitik nicht für die SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti zu stimmen.

Clement aber interessiert nur sein eigentliches Thema: „So wie die SPD heute aufgestellt ist, wird es schwierig.“ Rasch ist er bei der Energiepolitik, aber dieses Mal hat er sich nicht Ypsilanti als Zielscheibe ausgesucht, es trifft Wolfgang Tiefensee. „Die Preissteigerungen bei der Energie sind doch für viele Menschen wirklich ein Drama“, schimpft der einstige Parteivize, um dann die rhetorische Frage zu stellen: „Und was macht der? Der schlägt Windparks in der Nordsee vor.“

Man spürt durch das Telefon, wie energisch Clement den Kopf schüttelt, bevor er hinzufügt, wie er solchen Herausforderungen begegnen würde: „Ich würde die Verkehrsverbünde nach Berlin einladen und ein großes Programm zum öffentlichen Nahverkehr auflegen, da muss viel mehr getan werden, das würde den Menschen helfen.“ Dass er Lösungsversuche, wie sie Tiefensee vorschlägt, günstigstenfalls für kleinmütig hält, spricht er nicht aus, aber das ist auch nicht mehr nötig.

Clement ist das politische Alphatier, das er immer gewesen ist. Seine Analysefähigkeit hat nicht gelitten, schnelle Antworten liefert er zuverlässig, und natürlich trägt er die mit der ihm eigenen Vehemenz vor. Sowohl Clement als auch Teile des Bochumer Unterbezirks ziehen gegen die Rüge zu Felde, die das SPD-Schiedsgericht in seiner Heimatstadt kürzlich ausgesprochen hat. „Für die im Wahlkampf gemachten Äußerungen“, hatten die Parteifreunde in der Revierstadt getextet, könne sich Clement „nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung zurückziehen“. Dieser Satz hat ihn erst recht empört. „Gerade in Wahlkampfzeiten sollte man die Wahrheit sagen“, hält er dagegen und startet deshalb den Versuch, die Rüge aus der Welt zu schaffen. Sein Rechtsbeistand Schily sieht das im Grundsatz ähnlich und verspricht, „ihn offensiv zu verteidigen“. Die SPD, heißt das in den Worten des einstigen Innenministers, „braucht kantige Persönlichkeiten wie Clement“.

Schily und Clement kündigten an, dass sie sich nach der Verhandlung öffentlich äußern werden. Da eine Entscheidung erst in drei Wochen verkündet wird, werden sie sich vermutlich weniger mit dem Verfahren als vielmehr mit dem Zustand der eigenen Partei beschäftigen. Es darf unterstellt werden, dass dann nicht nur Wolfgang Tiefensee Hinweise für eine bessere SPD Politik erhalten wird.

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