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Politik: SPD-Spendenaffäre: Last mit der Liste

Wenn Franz Müntefering im Berliner Willy-Brandt-Haus vor die Presse tritt, steht der Kölner Dom wie ein großes Mahnmal links hinter ihm. "Wir in Deutschland" steht auf dem neuen SPD-Plakat, auf dem die Symbole dieser Republik prangen: vom Förder- bis zum Fernsehturm, vom Brandenburger Tor bis zum Wahrzeichen jener Klüngelstadt, die sich der Generalsekretär sicher gern nach Lappland wünschen würde.

Wenn Franz Müntefering im Berliner Willy-Brandt-Haus vor die Presse tritt, steht der Kölner Dom wie ein großes Mahnmal links hinter ihm. "Wir in Deutschland" steht auf dem neuen SPD-Plakat, auf dem die Symbole dieser Republik prangen: vom Förder- bis zum Fernsehturm, vom Brandenburger Tor bis zum Wahrzeichen jener Klüngelstadt, die sich der Generalsekretär sicher gern nach Lappland wünschen würde.

Zwar sind bislang alle Versuche, den Lokal-Skandal zur bundesweiten SPD-Affäre auszuweiten, gescheitert. Dennoch kocht die Spendengerüchteküche weiter, und die Angst vor Schlimmerem ist immer mit dabei, wenn führende Sozialdemokraten in Berlin zusammenkommen. Auch im Parteipräsidium wurde am Montag weit länger über Spenden und Korruption diskutiert als über den gerade absolvierten Ost-Parteitag. Nach außen aber ist die Bundespartei bemüht, das Thema eine Etage tiefer zu hängen. Man habe die Hoffnung, dass sich der Skandal bei der Bundestagswahl nicht mehr niederschlagen werde, fasst Müntefering im Anschluss an die Präsidiumssitzung die Stimmung der Spitzengenossen zusammen. Bis Ende März soll die Affäre aufgeklärt sein. Da sei er ganz zuversichtlich. Dabei ist gerade mal eine Woche seit dem ersten Kölner Beben vergangen. Wenn die Parteispitze wirklich keine Gefahr in den Kölner Vorgängen sähe, hätte sich Müntefering am Montag wohl nicht erneut mit Landeschef Schartau und dem Kölner SPD-Vorsitzenden Ott getroffen.

Wahr ist aber auch, dass es keine neuen Verdachtsmomente gibt. Eine Großmeldung der Bildzeitung, der Kölner SPD-Unterbezirk habe für Dienstleistungen Spendenquittungen ausgestellt, erwies sich schnell als Produkt grassierender Aufgeregtheit. Lang und ernst wird auf höchster SPD-Ebene dagegen über die ominöse Liste des Kölner Ex-Schatzmeisters Manfred Biciste geredet. Darauf sollen 42 Personen vermerkt sein, denen Biciste damals Spendenquittungen ausgehändigt haben will, um so das von Ex-Fraktionschef Norbert Rüther herangebrachte Bargeld in unverfängliche Einzelspenden aufzuteilen. 42 Personen also, die ihre Namen für eine gesetzeswidrige Zerstückelung hergaben und die gefälschten Quittungen zur Steuerminderung verwenden konnten. Merkwürdig ist allerdings, dass Bicistes handschriftliche Liste nur bei seinem Anwalt und auf dem Finanzamt schlummert und vorerst nicht ausgehändigt werden soll. Der Forderung der Union, die Liste zu veröffentlichen, könnte die SPD momentan gar nicht nachkommen. "Wir versuchen die Liste daher im Negativverfahren zu rekonstruieren", sagt Müntefering. Alle verdächtigen Mandatsträger aus dem Kölner SPD-Umkreis sollten daher Ehrenerklärungen abgeben. Die Hälfte ist dieser Aufforderung bisher nachgekommen.

Müntefering hat zu dieser Geheimschrift ohnehin seine eigene Theorie. Er könne nicht ausschließen, sagt er, dass jemand wie Biciste, der über Jahre hinweg in krumme Geschäfte verstrickt war, zum Abschied auch noch ein wenig "messert". Soll heißen, dass Biciste womöglich ungeliebte Weggefährten gleich mit ins Verderben ziehen will. "Kann sein, dass die Liste stimmt. Kann aber auch sein, dass sie nicht stimmt", sagt Müntefering. Zurzeit scheint in der Affäre ohnehin alles möglich. Auch, dass ein Teil der 29 Millionen Mark, die als Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Bau einer Müllverbrennungsanlage geflossen sein sollen, bei dem ein oder anderen SPD-Funktionär gelandet ist. Der Dom wird noch länger hinter Münteferings Rücken stehen. So oder so.

Markus Feldenkirchen

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