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Politik: Städte sehen sich zu Gesetzesbrüchen gezwungen

Verweigerung von Leistungen soll Geld sparen / Kommunen fordern Befreiung von Aufgaben / Gabriel: Radikale Entlastung nötig

Berlin (asi/mue). Der Streit um die Finanznot der Kommunen wird schärfer. Anfang September wollen die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen den Innenminister des Landes, Fritz Behrens (SPD), gemeinsam auffordern, sie von der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben zu entbinden. Die Finanzdezernentin des Deutschen Städtetages und ehemalige Kämmerin von Duisburg, Monika Kuban, sagte dem Tagesspiegel am Freitag: „Viele Städte kommen ohne Verstöße gegen Recht und Gesetz nicht mehr klar“. Die finanzielle Situation habe sich so zugespitzt, dass es kaum noch möglich sei, durch Einsparungen bei freiwilligen Aufgaben ausgeglichene Etats zu erreichen. „Die meisten Sparprogramme, die hinter uns liegen, konnten die Probleme im Grundsatz nicht lösen“, sagte Kuban.

Landes-Innenminister Behrens wies die Ankündigung der Stadt Mülheim zurück, in Zukunft einige Gesetze nicht mehr zu beachten. Es gebe „keine rechtliche Möglichkeit, die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben zu verweigern“. Mülheim hatte am Vortag angekündigt, etwa die Kontrollaufgaben bei der Gewährleistung der Trinkwasserqualität in Gaststätten nach EU-Recht nicht wahrzunehmen. Stadtkämmerer, Gerd Bultmann (SPD), sagte dem Tagesspiegel zur Begründung, Mülheim müsse auch im kommenden Jahr ein Defizit in der Stadtkasse von 25 Millionen Euro ausweisen. „Wir haben alle entbehrlichen Aufgaben gestrichen“. In den nächsten fünf Jahren soll zudem jeder zehnte Mitarbeiter der Verwaltung gehen. Dennoch werde man „frühestens 2018“ einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Er werde „es nicht zulassen, dass Kindergärten geschlossen werden müssen, weil die Stadt Gesetze umsetzen muss, die sie nicht beschlossen hat“.

Unterstützung erhielten die Städte von Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel. Er forderte im Tagesspiegel-Interview: „Die Städte müssen um fünf Milliarden Euro entlastet werden – im Jahr.“ Die Städte müssten vitalisiert statt privatisiert werden. „Wenn wir da nicht aufpassen, fliegt uns die ganze Gesellschaft um die Ohren.“

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