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Politik: Stasi-Mitarbeiter verurteilt: Bewährungsstrafen wegen Drangsalierung von Ausreisewilligen

Das Landgericht Chemnitz hat zwei ehemalige hochrangige Stasi-Mitarbeiter der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu Bewährungsstrafen von acht und zehn Monaten verurteilt. Die erste Strafkammer befand die beiden ehemaligen heute 56 und 67 Jahre alten ehemaligen Majore der Beihilfe zur Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung für schuldig.

Das Landgericht Chemnitz hat zwei ehemalige hochrangige Stasi-Mitarbeiter der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu Bewährungsstrafen von acht und zehn Monaten verurteilt. Die erste Strafkammer befand die beiden ehemaligen heute 56 und 67 Jahre alten ehemaligen Majore der Beihilfe zur Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung für schuldig. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die beiden ohne richterliche Anordnung veranlasst hatten, Wohnungen von Ausreisewilligen zu durchsuchen, Telefonate abzuhören und Post auszuspionieren.

Der Hauptangeklagte, der Chef der ehemaligen Bezirksverwaltung, Siegfried Gehlert, war zum Prozess nicht erschienen. Dem Landgericht lag ein ärztliches Attest über eine Nichtverhandlungsfähigkeit des 74-Jährigen vor. Die Kammer hat über Gehlert noch nicht endgültig entschieden. Das Verfahren wurde zu Beginn der Hauptverhandlung abgetrennt. Gehlert soll als Hauptverantwortlicher die Befehle zu dem unrechtmäßigen Vorgehen gegeben haben.

Erst mit dem bei den Bespitzelungen gewonnenen Material wurde ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Betroffenen wurden später zu verhältnismäßig hohen Freiheitsstrafen - in einem Fall zu drei Jahren - verurteilt, weil sie sich mit ihrem Ausreiseanliegen an Behörden der Bundesrepublik oder Menschenrechtsgruppen gewandt hatten.

Der 67-jährige Angeklagte bestritt, sich schuldig gemacht zu haben. Die Verantwortung für Untersuchungsverfahren habe beim Chef der Bezirksverwaltung gelegen. "Gewusst habe ich alles, aber zu verantworten habe ich nichts." Sein Verteidiger beantragte Freispruch. Der 56 Jahre alte Angeklagte räumte die Vorwürfe "vom äußeren Ablauf her" ein. Sein Anwalt stellte keinen Antrag zum Strafmaß.

Zur Begründung des Urteils hieß es, die Angeklagten hätten als studierte Juristen wissen müssen, dass ihr Handeln unrecht sei. Schon allein die Verfolgung von Ausreiseantrag-Stellern sei vor dem Hintergrund fraglich, dass die DDR alle Menschenrechtskonventionen sowie die Schlussakte von Helsinki unterzeichnet habe.

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