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© dpa

Forscher Mojib Latif: ''Sterbehilfe für das Weltklima“

Der renommierte Klimaforscher Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (Geomar) an der Universität Kiel macht seinem Ärger über das Ergebnis der Klimakonferenz Luft.

Der renommierte Klimaforscher Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (Geomar) an der Universität Kiel macht seinem Ärger Luft: Die UN-Konferenz von Kopenhagen habe „Sterbehilfe für das Weltklima“ geleistet, obwohl ursprünglich doch alle angetreten waren, genau das Gegenteil zu erreichen. Es sei bei den Verhandlungen wie beim Mikado gewesen: Jeder hatte Angst, sich zu bewegen, um nicht Verlierer zu sein. Dadurch kam nichts ins Rollen.

Seit nunmehr 20 Jahren entwirft der 55-Jährige in Fachkonferenzen, in Debatten mit Politikern und vor TV-Kameras das Szenario von den schmelzenden Eisbergen und den steigenden Meeresspiegeln, und er will weiter seine Stimme erheben. „Heute bin ich noch tief frustriert, aber schon morgen werde ich wieder Überzeugungsarbeit leisten, um der Vernunft zum Sieg zu verhelfen“, sagt Latif. Vor dem Gipfel in Dänemarks Hauptstadt sei er hinsichtlich der Erfolgsaussichten zwar skeptisch gewesen, doch dass man unterm Strich mit fast leeren Händen dasteht, damit hätte er dann doch nicht gerechnet. Und er liest den Politikern die Leviten: „Physik kann man nicht verhandeln!“

Das Angebot der EU-Staaten von ein paar Milliarden Euro an die Entwicklungsländer sei eine „Verhöhnung“ gewesen, wenn man bedenke, wer in den vergangenen 100 Jahren die Hauptverantwortung für die 40-prozentige Steigerung der Treibhausgasemissionen trug. Daher sei es auch nicht redlich, wenn die Amerikaner sich argumentativ hinter China versteckten.

Ist es nun zu spät für die Rettung des Weltklimas? „Nein, zu spät nicht, aber wir haben wertvolle Zeit verloren“, sagt der Ozeanograf und Meteorologe. Er befürchtet, dass die Erderwärmung bereits 2015 einen neuen Temperaturrekord hervorbringt, auch wenn die Erwärmung zuletzt zum Stillstand gekommen ist. Er setzt nun alle Hoffnungen in die Folgekonferenz Ende 2010 in Mexiko-City. Mit der dort fast permanent über der Stadt liegenden Smogglocke werden die Teilnehmer anders als in Kopenhagen eine Emissionsanschauung direkt vor Augen haben. Damit es dann dort zu einem Erfolg kommt, sind laut Latif an erster Stelle die USA und China gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Bis zum Mexiko-Gipfel müssten seiner Ansicht nach die beiden Großmächte Einigkeit erzielen und zu verbindlichen Reduzierungsergebnissen kommen, schließlich seien beide mit zusammen 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes die größten Verursacher der Verschmutzung der Atmosphäre.

Zur Eigenverantwortung sagt der Klimaforscher, dass „jeder von uns im statistischen Mittel zehnmal so viel CO2 ausstößt wie ein Mensch in Indien.“ Und während der Winter Deutschland fest im Griff hat, stellt Latif fest: „Wenn weltweit bis 2050 keine Halbierung der Treibhausgase zustande kommt, wird es bald keine Winter mehr geben.“

Dieter Hanisch[Kiel]

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