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Steuerdebatte: Unter Erfolgsdruck

Im Steuerstreit muss der Bund den Ländern entgegenkommen – aber den Eindruck des Kuhhandels vermeiden.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - „Kuhhandel“ oder „Herauskaufen“ sind beides Vokabeln, mit denen die Bundesregierung sich selbst und ihr „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ keinesfalls in Verbindung gebracht wissen will. Weshalb Regierungssprecher Ulrich Wilhelm den Verdacht, die Regierung wolle sich die Zustimmung der Bundesländer im Steuerstreit erkaufen, am Montag auch deutlich zurückwies. Mit Blick auf die anstehende Entscheidung im Bundesrat am 18. Dezember, sagte er, „wird es kein Herauskaufen einzelner Länder geben“.

Und doch ist klar: Die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird sich Mitte Dezember in der Länderkammer keine Schlappe erlauben dürfen. Zum einen, weil der Regierungsanfang ohnehin von Pannen und innerkoalitionärem Krach begleitet ist und ein Dämpfer des Bundesrates schon beim ersten gemeinsamen Gesetzesvorhaben den Eindruck eines Fehlstarts komplett machen würde. Zum anderen, weil das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ein Steuersenkungsgesetz und damit zentraler Ausdruck des politischen Willens von Union und FDP ist. Bringen Merkel und ihr Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) das Gesetz am Donnerstag kommender Woche nicht durch den Bundesrat, brauchen sie im kommenden Jahr über weitere – drastischere – Steuersenkungen, wie sie im Koalitionsvertrag beschrieben sind, gar nicht erst zu sprechen. Vom Imageschaden ganz zu schweigen. Vor allem FDP und CSU hatte ihren Wählern Steuersenkungen versprochen.

Für die Regierungskoalition heißt es daher in den nächsten zehn Tagen: den Ländern Angebote machen und gleichzeitig den Eindruck verwischen, die Angebote stünden im Zusammenhang mit der Zustimmung im Bundesrat. Mehrere Bundesländer haben bisher Widerstand angekündigt. Solche, auf deren Stimmen die Koalition wegen ihrer schwarz-gelben Landesregierungen angewiesen sind, sind Schleswig-Holstein und Sachsen. Solche, auf die es wegen der Andersfarbigkeit ihrer Regierungen nicht ankommt, sind etwa Thüringen, Hamburg oder Sachsen-Anhalt. Alle für Schwarz-Gelb relevanten Länder haben ihren Widerstand jetzt noch einmal dokumentiert. Und keines der Länder darf ablehnen oder sich enthalten.

Verhandelt wird um mehrere Themen. Einerseits geht es um die bereits von der schwarz-roten Regierung verabschiedeten Konjunkturhilfeprogramme für Länder und Kommunen. Sachsen etwa hätte gern, dass der Bund die Zweckbindung dafür aufhebt, damit die Länder selbst über die Verwendung entscheiden dürfen.

Anderereseits geht es um Bildungsinvestitionen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte am Wochenende im Tagesspiegel deutlich gemacht, dass der Bund den Ländern mehr Geld für die Bildungsinvestitionen in Aussicht stellen wolle.

FDP-Vizechef Andreas Pinkwart aus Nordrhein-Westfalen begrüßte zwar den Vorschlag von Schavan. Allerdings kritisierte Pinkwart, dass Schavan die zusätzlichen Bildungsinvestitionen aus dem 12-Milliarden-Zusatzpaket finanzieren will, das Union und FDP im Koalitionsvertrag festgeschrieben hatten. Diese Ausgaben, sagte Pinkwart, dürften nicht mit der notwendigen Steigerung der Bildungsausgaben in den Ländern vermengt werden. Dafür will die FDP den Ländern einen Mehrwertsteuerpunkt, also rund 8 Milliarden Euro aus der Bundeskasse zugestehen. Dies seien Finanzmittel, die den Ländern dauerhaft zur Verfügung stünden, sagte Pinkwart.

Im CDU-Präsidium standen die unterschiedlichen Wünsche der Länder am Montag auf der Tagesordnung. Eine klare Richtung, wie die Bundesregierung verhandeln will, gibt es allerdings noch nicht. Am kommenden Sonntag sind erst einmal Schleswig-Holsteins Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) sowie FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki ins Kanzleramt geladen. Mit dem Ziel, jemanden „herauszukaufen“, sagte CDU-Generalsekretär Herrmann Gröhe, habe das allerdings nicht das Geringste zu tun.

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