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Stiftung: Vertriebenenbund: Steinbach stellt Forderungen

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, ist unter Bedingungen zum Verzicht auf einen Sitz in der Stiftung "Flucht, Vertreibung und Versöhnung" bereit. Polnische Medien reagieren mit Skepsis auf ihren Vorstoß.

Zu den Bedingungen gehört der Verzicht der Bundesregierung auf die endgültige Benennung der Mitglieder im Stiftungsrat. Die Zahl der BdV-Mitglieder im Stiftungsrat soll nach dessen Forderungen zudem erhöht, die Stiftung aus der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums gelöst werden. Gefordert werden auch Arbeitsverbesserungen für das geplante Zentrum gegen Vertreibung.

Wenn sich die Bundesregierung für den Weg der Antidiskriminierung und Vernunft entscheiden könne und die „unwürdige Diskussion“ beende, „entfällt die bisherige Notwendigkeit, dass der BdV durch seine Präsidentin im Stiftungsrat vertreten sein muss“. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Präsidium des BdV am Montag, wie es in der Mitteilung weiter hieß.

Würden diese Bedingungen von der Bundesregierung erfüllt, werde der BdV auf ihre Benennung verzichten, erklärte Steinbach. Sie hoffe, dass mit dem Vorschlag die Bahn für „einen Weg der Vernunft“ freigemacht und das Benennungsrecht ihres Verbandes vom „Kuratel der Politik“ befreit werde. Steinbach ließ offen, wieviele Sitze der BdV beansprucht. Bisher stehen ihm 3 von 13 zu.

Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sieht in dem neuen Vorschlag des Bunds der Vertriebenen (BdV) eine Lösungsmöglichkeit im Streit um die Gedenk-Stiftung für Vertreibung. „Ich sehe jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit, dass die Bundesregierung und der BdV am Ende zu einer gemeinsamen Position kommen können, wenn alle es wollen“, sagte Pofalla am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. Für den Unionsteil der Bundesregierung könne er Unterstützung für den Vorschlag von BdV-Präsidentin Erika Steinbach zusagen, fügte Pofalla hinzu.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) will kommende Woche mit dem Koalitionspartner FDP über die umstrittenen Forderungen der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach sprechen. Er werde mit seiner FDP-Kollegin Birgit Homburger über die Umsetzung der Vorschläge und die dafür nötigen Gesetzesänderungen sprechen. „Ich denke, dass wir hier auf einen guten Weg gekommen sind“, sagte Kauder am Dienstag dem Südwestrundfunk.

Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse kritisierte Steinbachs Vorstoß. Er sei „der erpresserische Versuch, das Anliegen der Stiftung in ihrem Sinne zu verändern“, sagte der Bundestagsvizepräsident dem Tagesspiegel. Kauder wies diesen Vorwurf zurück und lobte den Versuch Steinbachs, „zu einem politischen Kompromiss zu kommen, der auch inhaltlich gut ist“.

Auch die Grünen reagierten ablehnend auf die am Dienstag veröffentlichte Erklärung des BdV zum Streit um die Besetzung des Rats der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. „Das ist pures Geschachere oder neudeutsch Powerplay des BdV“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Für eine Änderung des Stiftungsgesetzes gebe es keinen guten Grund. Alle Stiftungsratsmitglieder würden von ihrer entsendenden Stelle benannt und von der Bundesregierung bestellt, der BdV dabei auch nicht diskriminiert.

Polnische Zeitungen bewerten die Ankündigung der Vertriebenenchefin Erika Steinbach, unter bestimmten Bedingungen auf einen Sitz im Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zu verzichten, in ersten Reaktionen skeptisch. Der Preis, den Steinbach für ihren Verzicht fordere, sei ziemlich hoch, schreibt am Dienstag die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ (Onlineausgabe). Das Blatt verweist unter anderem darauf, dass der Bund der Vertriebenen mehr Sitze im Stiftungsrat und eine größere Eigenständigkeit der Stiftung fordere.

Es sei sehr zweifelhaft, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf diese Bedingungen eingeht, heißt es weiter. Das würde Gesetzesänderungen und damit neue Debatten und eine Abstimmung im Bundestag erfordern, deren Ergebnis nicht sicher sei. Zweifelhaft sei auch, ob die Kanzlerin angesichts der Probleme der Wirtschaftskrise „Zeit und Mittel für die Befriedigung der Ambitionen Steinbachs“ verlieren wolle. Steinbachs Angebot werde in Berlin als verzweifelter Versuch betrachtet, die Aufmerksamkeit der Medien wieder auf sich lenken.

Die Tageszeitung „Rzeczpospolita“ verweist auf die Spannungen innerhalb der Koalition von Union und FDP in dieser Frage und die Haltung des FDP-Vorsitzenden und Außenministers Guido Westerwelle, der einen Sitz von Steinbach verhindert habe. Westerwelle signalisiere seit einiger Zeit die Bereitschaft zu einem Kompromiss, schreibt das Blatt unter Berufung auf deutsche Regierungskreise. Es gebe Meinungen, wonach ein Umbau der Stiftung eine „unbehagliche Situation“ für Polen schaffen könnte, das einen neuen Standpunkt in der Angelegenheit einnehmen müsste. (nal/AFP/dpa/ddp)    

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