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Politik: „Stoiber muss alle in die Pflicht nehmen“

Der bayerische Junge-Union-Chef Manfred Weber über die Erneuerung der CSU

Im Machtkampf um den CSU-Vorsitz müssten Sie sich eigentlich auf die Seite Horst Seehofers schlagen. Der fordert eine Verjüngung in allen CSU-Gremien …

Mich freut es, dass alle, die sich um die Zukunft der Partei bemühen, das Erneuerungsthema so stark aufgreifen. Seehofer hat das zugesichert, aber auch Günther Beckstein für sein Kabinett und Erwin Huber für die Parteiführung. Ich kann nur sagen: Frisch ans Werk.

Ein 63-Jähriger folgt einem 65-Jährigen als Ministerpräsident. Ist das der erhoffte Generationswechsel in Bayern?

Wir haben Politiker nie nach ihrem Alter bewertet, auch Stoiber nicht. Uns ging es immer um die politische Leistung. Andererseits: Wenn die CSU in zehn oder 15 Jahren noch die Kraft sein will, die sie jetzt ist mit über 50 Prozent in Bayern, dann müssen wir Leute ersetzen: Kurt Faltlhauser bei der Steuerpolitik, Alois Glück bei den Grundwerten, einen Beckstein, der für innere Sicherheit und einen Seehofer, der fürs Soziale steht. Deshalb muss jetzt eine massive personelle Erneuerung kommen, wie sie beispielsweise die CSU-Landesgruppe in Berlin geschafft hat.

Um den CSU-Vorsitz rangeln sich alte Hasen. Ist es richtig, dass Huber die Funktionäre hinter sich hat und Seehofer die Basis?

Das ist zu platt. Wir haben zwei tolle Kandidaten. Dass wir darum ringen, wer der bessere ist, ist ein Normalfall der Demokratie. Ich finde es besser, als die Art, wie Oskar Lafontaine in der SPD mit Rudolf Scharping umgegangen ist: beim Parteitag plötzlich eine Brandrede zu halten und den Konkurrenten aus dem Amt zu heben.

Huber hat angekündigt, im Falle seiner Wahl in der nächsten Wahlperiode nach Berlin zu gehen. Müsste er das nicht gleich?

Huber hat das nur als denkbare Möglichkeit genannt. Entscheidend ist: Wie kann man den bundespolitischen Einfluss der CSU festigen? Da sage ich klipp und klar: Das Wichtigste für Berlin und auch für Brüssel sind die 50 plus x in Bayern. Das letzte Jahr hat bewiesen, dass es von Vorteil sein kann, wenn ein Parteichef in Berlin nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden ist. Ich persönlich glaube, dass das Tandem Huber/Beckstein ein tragfähiges Konzept ist. Die Fraktion hat es erarbeitet, und die ist das Herz der Partei. Deshalb spricht vieles dafür, dass sich das am Ende auch so durchsetzen wird.

Kann Stoiber die Entscheidung beeinflussen? Oder ist er nur noch Schiedsrichter?

Durch sein eigenes Verhalten macht er glaubhaft, dass persönliche Egoismen zurücktreten müssen. Deshalb ist er für die Partei jetzt am wertvollsten, wenn er die Rolle des ehrlichen Maklers spielt und alle in die Pflicht nimmt.

Ist die CSU nach dem mühsamen Rückzug Stoibers eher geschwächt oder gestärkt?

Umfragen belegen: Das Vertrauen in die CSU als Kraft, die bayerische Interessen vertritt, ist mit über 50 Prozent Zustimmung ungebrochen. Und wenn die neue Führung steht, wird die CSU mit neuer Stärke kommen. Allein die Junge Union Bayern hat in den letzten beiden Jahren 6500 neue Mitglieder gewonnen. Das heißt: Die Basis, die Verankerung funktioniert. Deshalb ist es mir um die Zukunft der CSU nicht bange.

Stand oder steht die heftige Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli nicht auch für die junge, besonders die junge weibliche CSU?

Frau Pauli hat der CSU Schaden zugefügt. Wer der Partei vorwirft, für 170 000 Mitglieder ein durchgängiges Spitzelsystem zu haben, wer allen, die zu Stoiber standen, vorwirft, sie seien Zöglinge und redeten der CSU-Spitze nach dem Mund, der diskreditiert die Partei und alle Mitglieder. Insofern kommt Pauli aus meiner Sicht auch für weitere Führungsämter in der CSU nicht in Frage.

Aber steht sie als starke Frau und alleinerziehende Mutter nicht für Positionen, die in der CSU bisher zu kurz gekommen sind?

Politisch decken das bei uns viele Frauen ab. Wir sind hier nicht unbedingt auf Frau Pauli angewiesen.

Die CSU debattiert über Machtfragen statt über Inhalte. Ärgert Sie das?

Wir sind an einem Wendepunkt der Partei, wir brauchen Projekte und neue Ideen. Ein Beispiel: Der Freistaat zahlt jährlich eine Milliarde für Zinsen und Tilgung. Wir müssen also stärker rein in den Schuldenabbau. Zweites Megathema ist das Beamtenrecht. Für den Standort Bayern ist es ganz wichtig, hier Leistungsorientierung umzusetzen. Außerdem wollen wir, dass Bayern CO2-Ausstiegsland wird. In NRW sollen sie ruhig Kohle fördern, wir bauen Biogasanlagen. Auch für Berlin würde ich mir wünschen, dass wir die Nachhaltigkeitspartei werden. Die dafür sorgt, dass wir das Schuldenmachen beenden und die etwa bei der anstehenden Pflegereform auch sagt: Wir wollen nicht mehr, dass alles nur auf Kosten der Kinder und Enkel geht.

Das Gespräch führten Robert Birnbaum und Rainer Woratschka.

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