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Die Jugendlichen grenzen sich zunehmend voneinander ab.

© dpa

Studienergebnisse: Die Jugend driftet auseinander

Neue Studien belegen: Die sozialen Unterschiede bestimmen nicht nur Zukunftsaussichten sondern spalten die Jugendlichen auch untereinander.

Unsere junge Generation verändert sich. Sie schrumpft aufgrund des demografischen Wandels. Untersuchungen zeigen aber auch, dass sie sich zunehmend sozial aufspaltet. Erst am Mittwoch veröffentlichte die Bosch-Stiftung eine Studie zur Ungleichbehandlung bei Ausbildungsbewerbungen. Sie belegt einmal mehr, dass die Schulabgänger mit ausländisch klingendem Namen bei gleicher Qualifikation deutlich mehr Bewerbungen schreiben müssen als Mitbewerber ohne ersichtlichen Migrationshintergrund.

Dass die soziale Herkunft in Deutschland weiterhin maßgeblich die Berufsaussichten von Jugendlichen diktiert, ist leider keine Neuheit. Aber die soziale und ethische Herkunft zieht schon viel früher Trennlinien innerhalb der Jugendlichen. Sie entscheidet über ihre Eigenwahrnehmung und ihre Positionierung.

Eine „sehr heterogene Gruppe“

Laut der repräsentativen Sinus-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche?“ präsentiert sich diese als „eine soziokulturell sehr heterogene Gruppe“. Die Studie verzichtet daher auf allgemeine Aussagen über die Jugend, sondern versucht der Unterschiedlichkeit durch die Unterteilung in viele Jugendgruppen gerecht zu werden. Dabei stellte sich heraus, dass der generelle Tenor zur Zukunftsperspektive zwar zuversichtlich ist, diese Wahrnehmung von den sozial Benachteiligten jedoch nicht geteilt wird. Auch andere Studien kommen zum gleichen Ergebnis.

So ermittelte das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im vergangenen Jahr, dass 81 Prozent der 15 bis 24-Jährigen aus guten wirtschaftlichen Verhältnissen hoffnungsvoll in die berufliche Zukunft schauen. Unter den wirtschaftlich Schlechtergestellten ist es nur die Hälfte. Auch die Frage, ob sich Leistung in Deutschland lohne, wird gegensätzlich beantwortet. Unter den ärmeren Jugendlichen bejahen diese Frage nur halb so viele wie unter den reicheren. Ähnlich verhält es sich bei der Beurteilung der Aufstiegschancen in der deutschen Gesellschaft.

Abgrenzung entlang sozialer Unterschiede

Laut der Sinus-Studie verlaufen die selbst gesteckten Abgrenzungen untereinander vor allem entlang sozialer Unterschiede – und eben nicht entlang gemeinsamer Interessen. „Die Hartz IV-Empfänger kriegen das Geld in den Arsch geschoben“, sagt ein Jugendlicher in der Sinus-Studie. Er zeigt den Forschern zufolge stellvertretend die Abgrenzungstendenz der jungen gesellschaftlichen Mitte – und die Angst vor dem Absturz.

Die Gräben sind tief zwischen den Jugendgruppen. Die „konservativ-bürgerliche“ will beispielsweise die gesellschaftliche Ordnung bewahren. Die „prekäre“ beklagt deren mangelnde Fairness und fühlt sich ausgegrenzt. Der lifestyle-orientierte Teil strebt nach Veränderungen und unkonventionellen Erfahrungen im Konsum- und Freizeitverhalten. Alle Studien kommen zu einem ähnliche Ergebnis: Der vereinheitlichende Begriff der einen „Jugend“ ist eine pauschalisierende Floskel. Ihrer tief gespaltenen Entsprechung in der Realität wird sie kaum gerecht.

Tycho Schildbach

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