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Studiengebühren: Politiker fordern Schavan zur Offenlegung der Studie auf

Studiengebühren schrecken deutlich mehr junge Menschen vom Studium ab als bisher angenommen. Eine aktuelle Studie im Auftrag von Bundesbildungsministerin Annette Schavan wurde bislang jedoch unter Verschluss gehalten - die Union spricht sich noch immer für Studiengebühren aus. Bildungspolitiker aller Parteien protestieren nun.

Nach der bislang unter Verschluss gehaltenen Studie, die nun der Agentur dpa vorliegt, haben allein vom Abiturienten-Jahrgang 2006 bis zu 18.000 junge Menschen wegen der neuen Gebühren kein Studium aufgenommen. 2006 hatten erst zwei Bundesländer - Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen - Gebühren verlangt. Danach erfolgte ihre Einführung in fünf weiteren unionsgeführten Ländern - in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, im Saarland sowie in Hessen, wo sie jedoch nach der jüngsten Landtagswahl wieder abgeschafft wurden.

Empörung über die Unterschlagung der Daten quer durch alle Parteien

Politiker anderer Parteien sind empört darüber, von Schavan nicht über die Ergebnisse der Studie informiert worden zu sein. "Wir haben bereits mehrfach nachgefragt, denn wir wussten ja, dass die Studie in Auftrag gegeben wurde", erklärt die bildungspoltische Sprecherin der Linken, Nele Hirsch im Gespräch mit zoomer.de. "Es überrascht mich eigentlich wenig, dass die Ergebnisse unterschlagen wurden. Das ist ein einfacher Trick, um unliebsame Informationen zu vertuschen." Hirschs Forderung: Die Abschaffung der Studiengebühren müsse nun zwingend auf dem anstehenden Bildungsgipfel diskutiert werden. "Nun gibt es ja diese Studie von offizieller Stelle, die besagt, dass Studiengebühren negative Folgen haben." Auch die Bundesbildungsministerin müsse nun begreifen, dass Studiengebühren unsozial seien.

Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen, fordert ebenfalls die Offenlegung der Studie und die Abschaffung der Gebühren. "Studiengebühren sind unsozial und man darf ihre Folgen nicht unterschätzen", erklärt er gegenüber zoomer.de. "Nachdem Frau Schavan in der vergangenen Woche bereits mit der Erhöhung der Zinsen für KfW-Studienkredite für Ärger gesorgt hat, fliegt ihr mit den Ergebnissen der Studie ein weiterer Pfeiler ihrer unsozialen Hochschulpolitik um die Ohren. Unsere Bildungsministern ist einfach unbelehrbar, was Studiengebühren betrifft."

In die gleiche Kerbe schlägt der Präsident des Deutschen Studentenwerkes (DSW), Rolf Dobischat: Er forderte im WDR: "Studiengebühren gehören abgeschafft". Jeder vierte Studienverzichtler habe Angst vor Studiengebühren und Verschuldung.

Burchardt: Die Studie muss unverzüglich veröffentlicht werden!

Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), forderte die unverzügliche Veröffentlichung der Studie. Die Ergebnisse dürften vor dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern "nicht vertuscht werden". Der Bildungssprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Meinhardt, erklärte: "Es kann nicht sein, dass das Bildungsministerium eine Studie zu den Auswirkungen von Studiengebühren unter Verschluss hält, nur weil darin Erkenntnisse sind, die nicht ins Bild passen."

Nach der Studie verzichten insbesondere Frauen und junge Menschen aus bildungsfernen Elternhäusern wegen der Gebühren häufiger auf das Studium. Dagegen lassen sich Kinder aus Akademikerfamilien "deutlich seltener in ihrer Hochschulwahl beeinflussen", stellt das Hochschul- Informations-System (HIS) in der Studie fest. Die Gebührendebatte habe unter Abiturienten und jungen Menschen mit Fachhochschulreife zu "erheblicher Verunsicherung" beigetragen - auch in Ländern, die noch keine Gebühren verlangen.

CDU: Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden

Weiter heißt es in der Studie, eine Abwanderung von Studien-Interessierten von "Gebührenländern" in "Nicht-Gebührenländer" sei "in großem Umfang nicht zu verzeichnen". Gleichwohl wollten im Vergleich zu früheren Jahren weniger Abiturienten aus dem Osten im Westen studieren, wo Gebühren verlangt werden.

Der bildungspolitische Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Michael Kretschmer (CDU), sagte, die Hochschulen seien wegen ihrer schlechten Ausstattung auf die Gebühren als private Zuwendungen der Studierenden angewiesen. Gleichwohl dürften "diejenigen, die ernsthaft und engagiert studieren wollen, nicht abgeschreckt werden". Deshalb müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden. Dazu gehörten Studienkredite, Stipendien und Bafög.

Fünf Prozent weniger Studienanfänger

Die Studie stützt sich auf der Befragung von 5240 repräsentativ ausgewählten Studienberechtigten des Jahrgangs 2006 sowie auf die regelmäßige Abiturienten-Untersuchungen des HIS. Das Institut mit Sitz in Hannover arbeitet im Auftrag von Bund und Ländern sowie der Hochschulrektorenkonferenz.

Im Vergleich zu 2003 gab es im vergangenem Jahr wegen der starken Abiturienten-Jahrgänge bundesweit zwar 17 Prozent mehr junge Menschen mit Hochschulreife, gleichzeitig aber 5 Prozent weniger Studienanfänger. 2003 war mit 377.500 Neueinschreibungen an den deutschen Hochschulen ein Anfänger-Rekord erzielt worden. 2007 waren es mit 358 670 Anfängern knapp 19.000 Neueinschreibungen weniger. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Studienberechtigten um mehr als 63.000 auf 432.500. (sba/dpa)

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