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© dpa

Südafrika: Der schwarze Albtraum

Es sollte ein eindringlicher Appell sein, den Thabo Mbeki wegen der Ausschreitungen in den Townships von Johannesburg am Montagabend an seine Landsleute richtete: Auch Ausländer seien „Menschen wie wir und verdienen es, mit Respekt und Würde behandelt zu werden“ - doch auch am Dienstag kam es wieder zu schweren Übergriffen.

Nelson Mandela, der bald 90 Jahre alte große Versöhner Südafrikas, sagt es ganz offen: Was in diesen Tagen in den Townships um Johannesburg vor sich gehe, unterhöhle seinen Traum von einem farbenblinden, vereinten Südafrika – und sei des immer wieder als Regenbogennation gepriesenen Landes am Kap nicht würdig. Auch sein langjähriger Mitstreiter, der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, hat die schwarzen Jugendbanden, die seit Tagen afrikanische Immigranten jagen, verzweifelt aufgerufen, ihre blutrünstige Hetzjagd sofort zu stoppen. „Wir dürfen unseren eigenen Freiheitskampf und seine Helden nicht mit dieser furchtbaren Gewalt entwerten“, sagt der frühere Kapstädter Erzbischof.

Inzwischen soll sich die Gewalt auf vier weitere Gebiete bei Johannesburg ausgedehnt haben – mehr als 13 000 Menschen sollen aus ihren Hütten geflohen sein. Am Dienstag kamen im Zuge der Gewalt gegen Ausländer offenbar zwei Minenarbeiter aus Mosambik ums Leben, womit die Zahl der seit vergangener Woche ums Leben gekommenen Immigranten auf 25 gestiegen ist. Ziel der Attacken sind vor allem illegale Zuwanderer aus dem wirtschaftlich kollabierten Nachbarland Simbabwe und aus Mosambik. Ihnen wird von vielen der schwarzen Townshipbewohner vorgeworfen, Südafrikanern die Arbeit zu stehlen und für die hohe Gewalt im Land verantwortlich zu sein.

Der Zorn der Straße sei ungeheuerlich, sagt Jody Kollapen, Präsident der südafrikanischen Menschenrechtskommission, der in der Vergangenheit jeden vermeintlich rassischen Zwischenfall von Weißen lautstark verurteilte, aber den seit Jahren schwelenden eklatanten schwarzen Rassismus geflissentlich übersah. Nun befürwortet Kollapen wie viele andere Menschenrechtsgruppen auch, dass der Polizei die Armee zur Seite gestellt werden müsse und erklärt entgeistert: „Diese elementaren Hassgefühle wie sie sich jetzt entladen werfen uns zurück in die unsägliche Epoche der Apartheid.“

Dabei sind Übergriffe schwarzer Südafrikaner auf afrikanische Zuwanderer keineswegs neu. In Kapstadt sind in den vergangenen beiden Jahren 40 Somalis von schwarzen Townshipbewohnern ermordet worden. Allerdings waren die Übergriffe bislang nie so gravierend und lang anhaltend wie jetzt. Immer mehr Beobachter sorgen sich deshalb auch über die Rahmenbedingungen, unter denen die Fußball-WM 2010 stattfindet. Und auch die Tourismusbranche, die sich im vergangenen Jahr über acht Millionen Besucher im Land freuen durfte, rechnet nach der Veröffentlichung der Bilder aus den Townships mit einem Rückschlag.

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