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Politik: Täter statt Beschützer

Vergewaltigungen und Sex mit Minderjährigen: Vorwürfe gegen UN-Soldaten in Burundi und Kongo

Ausgerechnet zu einer Zeit, da die große Reform ansteht, stolpern die Vereinten Nationen (UN) von einem Skandal in den nächsten. Die Untersuchungen zur Korruption beim irakischen Öl-für-Lebensmittel-Programm laufen noch auf Hochtouren, da musste die PR-Abteilung am Hauptsitz in New York schon den nächsten Image-Gau abwenden. Vor einer Woche waren Vorwürfe laut geworden, Blauhelmsoldaten seien am sexuellen Missbrauch junger Frauen in Burundi beteiligt. Am Samstag nun bestätigte die zuständige UN-Mission den Vorfall und suspendierte zwei Soldaten in Muyinga, einem Ort an der Grenze zu Tansania.

Damit haben die gewöhnlich trägen Mühlen der Vereinten Nationen verhältnismäßig schnell gemahlen – was man auch als Zeichen dafür werten muss, wie sehr die Organisation unter Druck steht. Vorwürfe, dass Mitglieder der UN-Friedensmissionen sich an Schutzbefohlenen vergreifen, Sex erpressen oder erkaufen, tauchten in der Vergangenheit immer wieder auf.

Besonders schwere Vorwürfe erheben Menschenrechts-Beobachter seit zwei Jahren im Kongo. Nach dem neusten Untersuchungsbericht des von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten jordanischen UN-Botschafters Zeid Raad al-Hussein soll es dort mehr als 150 Missbrauchsfälle gegeben haben. Vergewaltigung und Sex mit Minderjährigen sowie Prostituierten gehören zu den Hauptvorwürfen. Die Verstöße unter den 11 000 UN-Uniformierten und 1200 Zivilmitarbeitern seien „signifikant, weit verbreitet und anhaltend“, heißt es in einem Anfang November vorgelegten geheimen Zwischenbericht laut Recherchen der „Los Angeles Times“. Nach übereinstimmenden Medienberichten befinden sich unter den Verdächtigen Soldaten aus Uruguay, Marokko und Südafrika. Auch Pakistanis, Tunesier und Nepalesen sollen beteiligt gewesen sein.

Annan hatte sich daraufhin im vergangenen Monat erstmals überhaupt zu dem Thema geäußert. „Ich befürchte, es gibt eindeutige Beweise für krasses Fehlverhalten. Das zugeben zu müssen, ist eine Schande für die Vereinten Nationen und ich bin davon entsetzt“, sagte der Generalsekretär während einer Reise nach Tansania. Er verkündete eine Null-Toleranz-Politik und forderte: „Wir können nicht ruhen, ehe wir solche Praktiken ausgerottet haben. Und wir müssen sicherstellen, dass die Beteiligten voll zur Rechenschaft gezogen werden.“ Genauere Angaben zu den beiden jüngsten Fällen in Burundi machten die Vereinten Nationen bislang nicht. Die Soldaten wurden von ihrer Mission suspendiert. Was nun mit ihnen geschieht, bleibt offen. Die UN kann nur Zivilangestellte belangen, die auf ihrer Gehaltsliste standen. Die Blauhelm-Soldaten jedoch müssen von ihrem jeweiligen Heimatland zur Rechenschaft gezogen werden. Dort durften sie jedoch bislang häufig auf Gnade vor Recht hoffen. Im Kongo fanden die Ermittler dem entsprechend „null Beachtung der Null-Toleranz-Politik“ vor.

Intern diskutiert die UN, wie sie der Lage besser Herr werden kann. Ein Weg wäre eine funktionierende Gerichtsbarkeit in dem Land, in dem die Taten begangen wurden. Außerdem wird vorgeschlagen, von jedem neu eintreffenden Zivilangestellten und Soldaten eine Blutprobe zu nehmen, um ihm später mögliche Vergehen leichter nachzuweisen. Doch das sind bislang nur Gedankenspiele.

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