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Politik: Teherans Studenten demonstrieren nach Zensur-Aktion der iranischen Justiz

Rund tausend iranische Studenten haben in der Nacht zu Dienstag für Meinungsfreiheit und gegen das Verbot reformorientierter Zeitungen protestiert. Der nächtliche Protest in Teheran sei ohne Zwischenfälle verlaufen, berichteten Augenzeugen.

Rund tausend iranische Studenten haben in der Nacht zu Dienstag für Meinungsfreiheit und gegen das Verbot reformorientierter Zeitungen protestiert. Der nächtliche Protest in Teheran sei ohne Zwischenfälle verlaufen, berichteten Augenzeugen. "Freiheit, Freiheit, du bist ewig" und "Chatami, zeige deine Macht!" skandierten die Studenten auf dem Universitätscampus der Stadt und forderten die Sicherheitskräfte auf, sie ins Zentrum zu lassen, um dort weiterzudemonstrieren. An der Universität Chadscheh Nassie Tussi im Norden Teherans wurde der Unterricht am Dienstag für Protestaktionen abgesagt.

Die konservative iranische Justiz hatte am Montag in der größten Zensur-Aktion seit der Islamischen Revolution von 1979 insgesamt 14 reformorientierte Zeitungen und Zeitschriften bis auf Weiteres verboten. Die Zeitungen hätten "die Werte der Islamischen Revolution und die nationale Sicherheit" bedroht und seien "vom Feind infiltriert". Die Zensur betrifft fast die Hälfte der iranischen Tageszeitungs-Produktion.

Die US-Regierung übte scharfe Kritik. Das Verbot sei in erster Linie ein "Schlag" gegen das iranische Volk, das bei den Parlamentswahlen im Februar seinen Wunsch nach einem Wechsel zum Ausdruck gebracht habe, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, James Rubin. Auch die Organisation "Reporter ohne Grenzen" reagierte mit Empörung.

Bei dem Verbot reformorientierter Zeitungen und Zeitschriften machte die Justiz nur eine Ausnahme. Die populäre Zeitung "Sobh-e Emrus" konnte am Dienstag erscheinen. "Sobh-e Emrus" machte in der Schlagzeile die "machthungrige Mafia" für die Krise der Pressefreiheit verantwortlich. Das Erscheinungsverbot der Zeitung "Sobh-e Emrus" war vom Chef der Teheraner Justiz aufgehoben worden. Der Herausgeber der Zeitung, der Reformpolitiker Said Hajarian (46), war im vergangenen Monat bei einem Anschlag schwer verletzt worden.

Am Dienstag begann vor dem Teheraner Revolutiongericht der Prozess gegen die Attentäter. Angeklagt sind acht Mitglieder einer radikal-islamischen Gruppe. Ihnen wird zur Last gelegt, Hajarian am 12. März dieses Jahres in der Teheraner Innenstadt durch Kopfschüsse so schwer verletzt zu haben, dass er bis zur vergangenen Woche im Koma lag und voraussichtlich bleibende Gesundheitsschäden davontragen wird.

Als Haupttäter gilt Saaid Asqar, der geständig ist und das Attentat als "Strafaktion" beschrieb. Hajarian sei gegen den Islam und habe nur verletzt werde sollen, sagte er. Er wies den Vorwurf zurück, er habe im Auftrag gehandelt. Vielmehr habe er die Tat "aus eigenem Entschluss" begangen. Nach dem Anschlag waren die Täter auf Motorrädern entkommen, später aber gefasst worden.

Unterdessen hat ein iranisches Religionsgericht am Dienstag Haftbefehl gegen einen reformorientierten Geistlichen erlassen, der an einer Konferenz der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin teilgenommen hatte. Hassan Jussefi Echkewari befinde sich jedoch noch im Ausland auf freiem Fuß, meldete die amtliche iranische Agentur Irna weiter.

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