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Terror in London: Blairs Glück währte nur einen Tag

Gestern noch, als London zur Olympia-Stadt auserkoren wurde, strahlte er übers ganze Gesicht, doch nur einen Tag später holte Premierminister Tony Blair der Kampf gegen den Terrorismus wieder ein.

Gleneagles/London (07.07.2005, 16:48 Uhr) - Kaum ein Regierungschef ist in seiner Amtszeit so schnell gealtert wie Tony Blair. Der Haaransatz ist zurückgewichen, tiefe Furchen haben sich in die Stirn gegraben, er hat zugenommen. Aber als er nach der Vergabe der Olympischen Spiele an London beim G8-Gipfel in Gleneagles vor die Kameras trat, schien er plötzlich ganz der Alte zu sein. Da war es wieder, das «Bambi- Lächeln», das irgendwann im Irakkrieg erloschen war. Doch das Glück währte nur einen Tag. Selten wirkte Blair so erschüttert wie am Donnerstag nach den Terroranschlägen in London.

Der 52-jährige hatte in den vergangenen Wochen ein erstaunliches Comeback erlebt. Nach der britischen Parlamentswahl im Mai, bei der seine Labour-Partei Verluste erlitten hatte, bezweifelte kaum ein Kommentator, dass seine Tage gezählt waren. Damals schrieben die Zeitungen, dass Blairs Nachbar aus Downing Street Number 11 - Finanzminister Gordon Brown - eher früher als später eine Tür weiterziehen werde. Aber es kam anders.

Als «Teflon-Tony» den Britenrabatt beim Brüsseler Gipfel erfolgreich verteidigte, wurde er in der Heimat als Held gefeiert. Und zumindest ein Teil der europäischen Presse fiel in das Loblied mit ein, als Blair kurz darauf eine glanzvolle Rede vor dem Europaparlament hielt. Dann kam der größte Triumph - die überraschende Vergabe der Olympischen Spiele an London.

Für die «Times» war das «der aufregendste Moment in Tony Blairs acht Jahren als Premierminister» - er sei einfach ein «Glückspilz». Stunden nachdem diese Sätze gedruckt wurden, explodierten die Bomben in London.

Jetzt erscheint der Olympiajubel wie ein Traum. Mit einem Schlag erinnern sich die Briten daran, warum es ihnen so schwer fiel, Labour im Mai ihre Stimme zu geben. «Wenn es hier mal knallt, haben wir es Blair zu verdanken» - das ist schon seit Jahren ein geflügeltes Wort unter Londonern. Jetzt hat es geknallt, und in einem - zunächst nicht überprüften - Bekennerschreiben im Namen des Terrornetzes El Kaida heißt es, damit werde Rache genommen an der «britischen Kreuzfahrer- Regierung» - Rache für den Irak.

Blair, der begnadete Redner, reagierte mit endringlichen Worten auf die Hiobsbotschaft. «Wir sind entschlossen, unseren Lebensstil zu verteidigen», schwor er. Aber ganz unabhängig davon, wie er diese Krise meistern wird: Die Terroristen haben auf furchtbare Weise deutlich gemacht, dass der einst beliebteste Premierminister der britischen Geschichte nie mehr der unbeschwerte Politstar seiner ersten Amtsjahre sein wird. (Von Christoph Driessen, dpa)

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