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Bombay Nariman

© dpa

Terroranschläge 2008: Blutbad in Bombay: Zahl der Toten steigt auf über 160

Die Zahl der Toten steigt weiter, während die Lage in Bombay immer noch nicht unter Kontrolle ist. Auch vier Deutsche befinden sich unter den Opfern der Anschläge.

Zwei Tage nach der Serie von verheerenden Terroranschlägen in Bombay hat sich die Zahl der Todesopfer nach Medienberichten auf mehr als 160 erhöht. Das Einsatzzentrum sprach am Abend allerdings weiterhin von 125 Toten. Unter den Toten waren nach Angaben des indischen Außenministeriums auch vier Deutsche. Im jüdischen Gemeindezentrum der Stadt fanden die Sicherheitskräfte nach Gefechten mit Terroristen fünf ermordete Geiseln. Zwei Geiselnehmer wurden dabei nach Polizeiangaben getötet. Am Luxushotel "Taj Mahal" gab es derweil noch am Abend Schusswechsel. Dort leistete nach Polizeiangaben ein einzelner Terrorist erbittert Widerstand. In dem historischen Hotel befanden sich nach Medienberichten noch große Mengen Sprengstoff.

Wenige Stunden zuvor hatten die Sicherheitskräfte das umkämpfte Hotel "Oberoi Trident" unter ihre Kontrolle gebracht. Dabei wurden ebenfalls zwei Terroristen getötet. Wie die Polizei sagte, wurden dort anschließend mindestens 30 Leichen gefunden. Zuvor waren rund 100 Gäste gerettet worden, darunter zwei Mitarbeiterinnen des Auswärtigen Amtes (AA) sowie mehrere Lufthansa-Mitarbeiter. Bei der Durchsuchung seien Gewehre und Handgranaten sichergestellt worden.

Das in Bombay als "Nariman-Haus" bezeichnete jüdische Gemeindezentrum gehört zur ultra-orthodoxen Chabad-Lubawitsch- Bewegung. Die Angreifer hatten dort mehrere Israelis in ihre Gewalt gebracht. Die Polizei erklärte am Freitag, die Operation sei noch nicht beendet, das Gebäude werde durchsucht. Im Morgengrauen hatten sich über dem Gebäude rund 100 Spezialkräfte aus Hubschraubern abgeseilt.

Die Terroristen kamen in Schlauchboten

Indien machte "Elemente" im Nachbarland Pakistan für die Anschläge verantwortlich. Die Regierung in Islamabad verteidigte sich mit dem Hinweis, "nicht-staatliche Akteure" seien für die Angriffe verantwortlich. Pakistan werde mit Indien bei der Verfolgung der Drahtzieher zusammenarbeiten. Ein festgenommener Terrorist berichtete am Freitag laut dem Sender NDTV, rund 40 Komplizen seien an den Angriffen beteiligt gewesen, die meisten von davon kämen aus Pakistan.

Die Terroristen hatten am Mittwochabend zehn Ziele in der Stadt mit Schnellfeuergewehren und Handgranaten angegriffen. Sie waren mit Schlauchbooten gekommen und hatten sich dann über die Stadt verteilt und zum Teil wahllos um sich geschossen. Nach Informationen von NDTV gab es außer den Toten über 300 verletzt.

Das Auswärtige Amt in Berlin wollte die Angaben über vier deutsche Todesopfer zunächst nicht bestätigen. Nach offiziellen US-Angaben wurden auch zwei Amerikaner getötet. Das US-außenministerium warnte seine Bürger vor zunehmender Terrorgefahr in Indien. Indienreisende sollten in höchstem Maße wachsam sein.

Viele benötigen psychologische Hilfe

In "Oberoi-Trident"-Hotel brachen indische Spezialkräfte am Freitag zwei Mitarbeiterinnen des AA in Sicherheit, die sich zu einer Dienstreise in Bombay aufhielten. Auch sieben Mitarbeiter der Lufthansa, drei Deutsche, eine Österreicherin und drei Inder, wurden aus der Gefahrenzone gebracht. Nach Angaben der Fluggesellschaft sind damit alle Mitarbeiter des Unternehmens in Bombay in Sicherheit. Auch fünf Italiener wurden aus dem "Oberoi-Trident" gerettet, darunter die Frau und die sechs Monate alte Tochter des Hotel-Chefkochs.

Die befreiten Deutschen werden von einem eingeflogenen Spezialteam betreut. Nach ihren Erlebnissen benötigten viele dringend auch psychologische Hilfe, sagte AA-Sprecher Jens Plötner in Berlin. Die Freigekommenen sollten sobald wie möglich nach Deutschland gebracht werden. Nach AA-Angaben hatten sich auch deutsche Hotelgäste aus Furcht vor den Terroristen in ihren Zimmern verschanzt. Baden- Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte eine für die zweite Dezember-Woche geplante Indien-Reise wegen der Terroranschläge ab.

Die muslimische Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba steht unter Verdacht

Pakistan willigte in einem bislang einmaligen Schritt ein, den Chef des berüchtigten Geheimdienstes ISI, Ahmed Shuja Pasha, zum Austausch von Informationen nach Neu Delhi zu schicken. Indien hat dem ISI in der Vergangenheit vorgeworfen, an Anschlägen beteiligt gewesen zu sein.

Nach indischen Medienberichten richtet sich der Verdacht auf die muslimische Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba (Armee der Reinen). Nach Überzeugung der indischen Sicherheitskräfte operiert Lashkar-e-Toiba von Pakistan aus. Die Gruppe wurde bereits für zahlreiche Anschläge in Indien in den vergangenen Jahren verantwortlich gemacht. Die Nachrichtenagentur PTI meldete unter Berufung auf offizielle Quellen, drei Terroristen seien in der Nacht am "Taj-Mahal" festgenommen worden, darunter auch ein Pakistaner.

Die britischen Behörden untersuchen nach Informationen der BBC Verbindungen der Terroristen von Bombay nach Großbritannien. Grund seien Berichte, wonach sich auch britische Staatsbürger unter den Attentätern befunden hätten. (ah/dpa)

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