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© AFP

Terrorismus: Neue Angst vor Al Qaida

Bei ungewöhnlich blutigen Anschlägen sind im Irak US-Soldaten ums Leben gekommen. Die Terrororganisation Al Qaida hat sich damit zurückgemeldet – und US-Militärs in Alarmstimmung versetzt. Im letzten Jahr war die Gewalt deutlich eingedämmt worden.

Zwei Tage mit ungewöhnlich blutigen Anschlägen im Irak haben US-Militärs aufgeschreckt. Sie fürchten, dass Al Qaida eine neue Offensive vorbereitet. Am Montag waren bei vier Bombenattentaten in Bagdad, in Suleimanija im Kurdengebiet und in der Provinz Dijala acht US- Soldaten und mindestens zwölf Zivilisten ums Leben gekommen. Am Dienstag starben mindestens 16 Iraker, als ihr Bus auf dem Weg von Basra nach Nassirija im Südirak von einer Bombe am Straßenrand in die Luft gejagt wurde.

Seit mehr als zwei Monaten hatte es keine so tödliche Attacke auf US-Soldaten mehr im Irak gegeben, in der Hauptstadt Bagdad sogar seit einem halben Jahr nicht mehr. Insgesamt war die Zahl der Anschläge und der Opfer 2007 stark zurückgegangen. Die Verbesserung wird vor allem auf zwei Faktoren zurückgeführt. Präsident George W. Bush hatte die Truppenzahl im ersten Halbjahr 2007 gegen großen innenpolitischen Widerstand von 130 000 auf 160 000 erhöht. Und die US-Führung brachte immer mehr sunnitische Stammesführer dazu, ausländische Terroristen selbst zu bekämpfen. Anfangs hatten Sunniten mit den Al-Qaida-Kämpfern sympathisiert, aus Furcht, der Sturz Saddams und die US-Besatzung würde den Einfluss der Schiiten stärken.

Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik sieht in der aktuellen Gewalt einen Beleg dafür, dass Al Qaida im Irak weiter über eine Infrastruktur verfügt. „Schon seit Dezember verübt Al Qaida wieder vermehrt Anschläge“, sagte der Irak-Experte dem Tagesspiegel. Opfer seien in den vergangenen Monaten vor allem Stammesführer gewesen, die von den USA unterstützte Bürgerwehren anführten. Diese Milizen hatten Al Qaida im vergangenen Jahr massiv bekämpft und zum Rückzug in den Norden des Landes gezwungen. Dort seien die Terroristen weitgehend unbehelligt geblieben und hätten sich offensichtlich neu formiert, erläutert Steinberg. „Nun wirkt ihr Terror wieder bis nach Bagdad.“ Einen Anstieg der Gewalt auf das Niveau von 2006 hält der Irak-Kenner für unwahrscheinlich. „Sie hat aber noch immer das Niveau eines Bürgerkriegs.“

US-Medien betonen, dass neuerdings auch Iraker Selbstmordanschläge verüben. „Früher konnte man sicher sein, dass Selbstmordattentäter aus dem Ausland kommen“, zitiert die „Washington Post“ einen Militär. Ort und Art des Anschlages in Bagdad erhöhen die Nervosität. Mansur war früher ein gehobenes Viertel der Hauptstadt. Eine US-Patrouille hatte am Montag zu Fuß den Betrieb in den wiedereröffneten Geschäften beobachtet, die als Zeichen der Entspannung gelten. An der Ecke Al Rawad- und Mansur-Straße ging ein Mann auf die Patrouille zu, zündete seine Sprengstoffweste, riss fünf Soldaten und zwei Iraker mit in den Tod und verletzte weitere drei GI’s schwer. Mit rund 60 Prozent sind Bomben die häufigste Todesursache im Irak. Schusswechsel mit Aufständischen folgen mit großem Abstand. „Der Wahnsinn wird wohl nie enden“, zitiert die „Washington Post“ einen deprimierten Soldaten in Bagdad.

Unterdessen kursieren neue Schätzungen der Kriegskosten. Joseph Stiglitz, der ehemalige Chefökonom der Weltbank und Wirtschaftsnobelpreisträger, sagt, Irak werde die USA drei bis fünf Billionen Dollar kosten. Er hat gerade das Buch „Der Drei-Billionen-Dollar-Krieg“ veröffentlicht. Der Haushaltsausschuss des Kongresses schätzt die Gesamtkosten der Kriege in Afghanistan und Irak bis 2017 auf 1,1 bis 1,7 Billionen Dollar. Die „New York Times“ schrieb am Wochenende, der Vietnamkrieg habe die USA in heutiger Kaufkraft 635 Milliarden Dollar gekostet, der Zweite Weltkrieg fünf Billionen.

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