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Thailand: Der König schweigt

20 Regierungschefs hat König Bhumibol kommen und gehen sehen. Zu dem Militär-Putsch schweigt sich der König bislang aus. Seine Landsleute verstehen das als Zustimmung zu den Generälen.

Bangkok - Thailands König Bhumibol schweigt. Es ist ein beredtes Schweigen. Denn ohne den Rückhalt des 78-jährigen Monarchen würde in Thailand niemand wagen, die Macht - und sei es auch nur für zwei Wochen, wie es die Generäle um Armeechef Sonthi Boonyaratglin unter einem Porträt Bhumibols im Fernsehen nach ihrem Putsch versprachen - zu beanspruchen. Denn der König wird in Thailand wie ein Gott verehrt. Sein Schweigen verstehen seine Landleute als Zustimmung zu den Generälen, die den unbeliebten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra am Dienstag in Abwesenheit aus dem Amt geputscht haben.

Rama der Neunte ist Bhumibols offizieller königlicher Name. Das bedeutet "Stärke des Landes - Unvergleichliche Macht". Es gibt tatsächlich keine vergleichbare Macht in Thailand, obwohl der Monarch kaum gesetzlich verbriefte politische Befugnisse hat. Autorität ist das, was Bhumibol so mächtig macht - eine in 60 Thronjahren erworbene Amtsgewalt. Kein Monarch regiert länger. 20 Regierungschefs hat der passionierte Segler, Literatur- und Musikliebhaber kommen und gehen sehen. 15 Verfassungen wurden während seiner Regentschaft verabschiedet und mindestens so viele Umstürze hat der in den USA und Europa aufgewachsene Bhumibol in seinem Land erlebt. Demonstrativ eingegriffen hat er nur selten.

Doch gelenkt hat Bhumibol Adulyadei die Geschicke seines Landes immer, und sei es nur, dass sich Putschisten bei ihm die Absolution für ihr Tun abholten. So taten es auch die Generäle unter Sonthi. Nachdem sie den Amstsitz Thaksins in Bangkok besetzt und die Machtübernahme erklärte hatten, führte sie ihr nächster Weg zum König. Im Fernsehen sagte Sonthi, der Putsch sei auch zur Verteidigung des Königs geschehen, den die Regierung wiederholt beleidigt habe. Etwas Schlimmeres lässt sich in Thailand über eine Regierung und deren Chef kaum sagen.

Seltenes Machtwort

Regierungschef Thaksin hatte das Vertrauen des Königs zuvor verspielt. Die verpfuschte Parlamentswahl im April, von der Opposition boykottiert und später vom Verfassungsgericht annulliert, brachte das Fass zum Überlaufen. Es war einer der seltenen Fälle, in denen der König offen ein Machtwort sprach. Angesichts anhaltender Proteste nahm er die Verfassungsrichter in die Pflicht, die den Urnengang daraufhin prompt für nichtig erklärten.

Doch Thaksin besaß in den Augen vieler Landleute die Frechheit, sich darum wenig zu scheren; so wie der Milliardär die Unverfrorenheit besessen hatte, zum 60. Thronjubiläum Anfang Juni, die angereisten Staats- und Regierungschefs und gekrönten Häupter noch vor dem Jubilar zu begrüßen. Erst trat Thaksin nach der Wahl zurück, um dann überraschend auf seinen Posten zurückzukehren und seither den Wahltermin hinauszuschieben. Wochenlange Proteste waren die Folge. Bis schließlich das Militär eingriff - wie es scheint mit dem Segen Bhumibols.

Die Farbe des Königs

In nur wenigen anderen Fällen hat der am 5. Dezember 1927 in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts geborene Bhumibol so unmittellbar Einfluss auf die Politik genommen, wie mit der Aufforderung zur Annullierung der Wahl. 1973 forderte er Ministerpräsident Sanya Dharmasakti und seine Anhänger nach Studentenprotesten auf, vorübergehend das Land zu verlassen. Sie gehorchten. 1992 zitierte er den Regierungschef General Suchinda Kraprayoon in den Palast und demütigte ihn vor Fernsehkameras wegen der blutigen Niederschlagung eines Oppositionsprotests. Suchinda trat daraufhin zurück.

"In Zeiten der Krise, wenn wir in einer Sackgasse oder in der Klemme stecken, schauen wir auf den König, damit er uns hilft und einen Ausweg findet", sagt der Politikprofessor Thitinan Pongsudhirak von der Universität Chuloalongkorn. "Deshalb tragen sie jetzt wieder überall die Farbe des Königs: Gelb." (Von Frank Zeller, ddp)

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