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Schröder und Koch

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Thema Jugendkriminalität: Schröder geht auf Koch los

Das Streitthema Jugendgewalt spaltet die Große Koalition. Auf der SPD-Klausur in Hannover hat sich nun auch Gerhard Schröder in den Wahlkampf eingemischt: Der Union gehe es "nur um das Schüren von Ängsten", so der Altkanzler.

In der Hannoveraner DGB-Zentrale liegen noch Weihnachtsgeschenke im Schaufenster. "Flächendeckender Mindestlohn" steht auf den Päckchen mit der roten Schleife. Wenige Meter weiter, im Gewerkschaftshaus der IG BCE machte sich die SPD-Führung bei ihrer Strategieklausur vor den Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen und Hamburg eben diese Forderung planmäßig zu eigen. Doch  Roland Kochs (CDU) derber Vorstoß für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts zwang die Genossen zum Spagat. Nur unwillig ließen sich die Sozialdemokraten zunächst auf das Thema ein, dann aber nahm sich Altkanzler Schröder den hessischen Ministerpräsidenten Koch zur Brust.

"Wir arbeiten uns nicht an anderen Parteien ab", sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil trotzig zum Auftakt der zweitägigen Strategieklausur. Seine Partei wolle eigene Themen setzen. Scheinbar unbeirrt arbeiteten die Sozialdemokraten ihr Pensum ab. In einem mehrseitigen Papier für "gute Arbeit" verlangten sie flächendeckende Mindestlöhne. Eine Forderung, die nach Auffassung der SPD auch im Kampf gegen die Kinderarmut von entscheidender Bedeutung ist. Zum Schutz des Nachwuchses stellte die Parteiführung ein ganzes Bündel möglicher Maßnahmen vor.

Tapfer feilten die Genossen in Hannover an ihrem Profil als Partei der sozialen Gerechtigkeit. Und doch - irgendwie saß Koch immer mit am Vorstandstisch. Generalsekretär Heil musste unermüdlich betonen, seine Partei habe bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität keinen Nachholbedarf. Die Linie der Partei laute: "Hart gegen das Verbrechen aber noch härter gegen die Ursachen". SPD-Chef Kurt Beck hielt Koch mehrfach "Schaumschlägerei" vor.

"Dieser merkwürdige Mensch"

Dann war es schließlich Gerhard Schröder, der sich Koch so richtig zur Brust nahm. Bei einem Empfang im Rathaus seiner Heimatstadt ließ der frühere Bundeskanzler alte Qualitäten als Wahlkämpfer erkennen. "Dieser merkwürdige Mensch da, der sollte wirklich vor der eigenen Türe kehren", watschte Schröder den hessischen Ministerpräsidenten ab, der über 1000 Polizistenstellen abgebaut habe. Die Straftaten von Rechtsextremisten hätten im vergangenen Jahr um zehn Prozent zugenommen. "Ich habe Herrn Koch und Frau Merkel noch nie darüber reden gehört", betonte Schröder und äußerte den Verdacht, dass es den beiden "nur um das Schüren von Ängsten" gehe: "Wer so agiert, sollte aufhören, über Integration zu reden".

Am Montag ging es dann ganz schnell. Noch vor der angekündigten Pressekonferenz mit dem Parteivorsitzenden Beck ließ die SPD-Spitze ein Papier zur Jugendkriminalität verbreiten. Darin fordert der Parteivorstand eine Beschleunigung der Strafverfahren und den rascheren Haftantritt der Verurteilten binnen eines Monats. Außerdem müsse mehr für Bildung und Integration getan werden. Es sei ein "Armutszeugnis" der Union, "monatelang von Integration zu reden" und dann "bei der ersten Gelegenheit" mit pauschalen Vorurteilen die Gesellschaft zu spalten, keilte die SPD zurück.

Nikolaus Sedelmeier[ddp]

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