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Politik: Thüringen: der umstrittene Vorsitzende Dewes tritt nicht ab, die Personaldebatte ist vertagt, der Kurs der Partei unklar

Die Stimmung war aufgeheizt, die Türen flogen: Auf der über vierstündigen Sitzung des Thüringer SPD-Landesvorstandes am Montagabend in Erfurt ging es nach dem Wahldebakel vom Sonntag heftig zur Sache. Vor allem die erklärten PDS-Gegner um den ehemaligen Wissenschaftsminister Gerd Schuchardt machen die bis zuletzt offen gehaltenen Option für eine Zusammenarbeit mit den SED-Nachfolgern mitverantwortlich für die Niederlage.

Die Stimmung war aufgeheizt, die Türen flogen: Auf der über vierstündigen Sitzung des Thüringer SPD-Landesvorstandes am Montagabend in Erfurt ging es nach dem Wahldebakel vom Sonntag heftig zur Sache. Vor allem die erklärten PDS-Gegner um den ehemaligen Wissenschaftsminister Gerd Schuchardt machen die bis zuletzt offen gehaltenen Option für eine Zusammenarbeit mit den SED-Nachfolgern mitverantwortlich für die Niederlage. Mehrere SPD-Abgeordnete, die den Wiedereinzug in den Landtag verpassten, hatten zuvor den Rücktritt von SPD-Chef Richard Dewes gefordert. Er war als Befürworter einer rot-roten Zusammenarbeit aufgetreten. Doch noch am Wahlabend hatte Dewes in gewohnt selbstbewusster Manier persönliche Konsequenzen abgelehnt. So überraschte es denn auch trotz der Kontroversen kaum, dass im Landesvorstand zunächst alles beim Alten bleibt. Die Personaldebatte wurde um zweieinhalb Monate vertragt: Auf einem vorgezogenen Landesparteitag Ende November soll die neue Parteispitze gewählt werden. Damit übernehme der Landesvorstand die Verantwortung für die Niederlage, erklärte ein sichtlich geschaffter Dewes nach der Beratung. Er selbst schloss eine erneute Kandidatur für den Landesvorsitz nicht aus.

Die Erfurter SPD-Abgeordnete Rosemarie Bechthum hätte nach der Niederlage hingegen mehr Konsequenz erwartet: "Das wäre ein Signal gewesen, denn wir müssen einen Neuanfang machen." Ein von ihr und weiteren Parteigenossen vorgelegter Antrag, wonach der gesamte Landesvorstand die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten sollte, wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Personalgeplänkel gehen also in eine weitere Runde - zumal nach dem Rückzug von Fraktionschef Frieder Lippmann ein Posten frei geworden ist. Dewes meldete bereits Ambitionen an. Er stehe für den Franktionsvorsitz zur Verfügung, aber nur, wenn dies die Mehrheit der Abgeordneten wünsche. Zwar warfen sich der Vize-Landeschef Gerhard Botz und der Bundestagsabgeordnete Christoph Matschie für den Saarländer in die Bresche. Es ist allerdings zweifelhaft, ob Dewes bei der auf 18 Sitze geschrumpften Fraktion auf breite Zustimmung hoffen kann. Kritik am Kurs der Bundes-SPD äußerte der Bundestagsabgeordnete Edelbert Richter: Er warb für eine "vernünftige Zusammenarbeit" mit der PDS. Die SPD müsse sich entscheiden, ob sie im Osten mit Gerhard Schröders "Neuer Mitte" auf die Minderheit setzen oder Politik für die Mehrheit machen wolle.

Andrea Hentschel

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