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Tibet-Konflikt: Pekings Dialogangebot wird weltweit begrüßt

Chinesischer Kurswechsel: Die Regierung in Peking macht dem Dalai Lama sechs Wochen nach Ausbruch der tibetischen Unruhen ein Gesprächsangebot. Nicht nur das religiöse Oberhaupt der Tibeter reagiert erfreut.

Überraschende Ankündigung: Rund drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking wollen Vertreter der chinesischen Regierung demnächst einen Vertreter des Dalai Lama treffen. Die Regierung in Peking kündigte an, schon "in den nächsten Tagen" Kontakte anbahnen zu wollen. Der Dalai Lama erklärte sich grundsätzlich zu Gesprächen bereit.

EU-Kommissionspräsident Barroso sprach nach einem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao von "einem sehr bedeutenden Schritt." Die Frage der Souveränität über Tibet sei eine "sehr heikle Sache für China", die voll respektiert werden müsse. Da dem religiösen Oberhaupt der Tibeter aber nur an der Wahrung kultureller Identität und Autonomie "innerhalb Tibets" gelegen sei, sah Barroso "wirklich Raum für Dialog". Er warnte zugleich vor zu großen Erwartungen: "Das ist ein sehr, sehr schwieriges Problem. Wir können nicht sofort Durchbrüche erwarten." Die vorherige Unterrichtung über das Dialogangebot bezeichnete Barroso als "Geste gegenüber der EU und gegenüber der Kommission".

Bundesregierung zeigt sich erfreut

Die Bundesregierung zeigte sich erfreut über die Entwicklung. "Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, in Berlin. Es sei zu hoffen, dass der Dialog zur Konfliktlösung in Tibet beitrage. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe in den vergangenen Wochen drei Mal mit seinem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi telefoniert und dabei sehr nachdrücklich für einen Dialog geworben.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprach von einer "wichtigen Etappe". "Der neuerliche Dialog gibt Anlass zu echten Hoffnungen",hieß es in einer Mitteilung. Sarkozy, der vom 1. Juli an als EU-Ratspräsident agiert, hatte einen solchen Dialog zur Voraussetzung für seine Teilnahme an der Olympia-Eröffnungsfeier erklärt. Auch die britische Regierung bezeichnete das Gesprächsangebot als "positiv". Großbritannien habe wie andere Staaten immer wieder auf die Notwendigkeit eines Dialogs hingewiesen, sagte Außenminister David Miliband.

Auch die US-Regierung hat das Gesprächsangebot Chinas an den Dalai Lama begrüßt. Präsident George W. Bush habe seinen chinesischen Kollegen Hu Jintao regelmäßig zu direkten Kontakten mit dem tibetischen Religionsführer ermutigt, sagte Präsidentensprecher Gordon Johndroe in Washington. Die Dialogbereitschaft der Pekinger Führung sei eine gute Nachricht: "Wir freuen uns, das zu hören."

Gesprächsangebot mit Seitenhieb

Parallel zu dem Gespächsangebot betonte Peking allerdings, dass sich die Politik der chinesischen Regierung gegenüber Tibet nicht geändert habe. Chinas Regierung hoffe, dass der Dalai Lama glaubwürdige Schritte unternehmen werde, separatistische Aktivitäten zu beenden. Das religiöse Oberhaupt der Tibeter müsse auch aufhören, "zu Gewalt anzustiften" und die Olympischen Spiele zu stören und zu sabotieren, um die Bedingungen für die Gespräche zu schaffen. Nach Ausbruch der tibetischen Protesten im März hatte die Regierung in Peking dem religiösen Oberhaupt der Tibeter vorgeworfen, Drahtzieher der Gewalt zu sein.

Die Regierung in Peking war nach Beginn der Krise in Tibet wiederholt von der internationalen Gemeinschaft zu einem Dialog mit dem Dalai Lama aufgefordert worden. Weltweit wird über einen Boykott der Olympischen Sommerspiele diskutiert - während des Olympischen Fackellaufs kam es wiederholt zu Protesten. Seit 2002 hat es bereits sechs Dialogrunden zwischen Vertretern des Dalai Lama und der chinesischen Regierung gegeben. Es wurden aber keine greifbaren Fortschritte erzielt.

Der Dalai Lama lebt seit 1959 im Exil. Nach seiner Flucht aus Tibet baute das geistliche Oberhaupt der Tibeter im nordindischen Dharamsala eine Exilregierung auf, die er über die Jahre nach westlichem Vorbild demokratisierte. Sie vertritt die Interessen von rund 130.000 Tibetern, die seit der Annektierung ihrer Heimat durch China in Indien, Nepal, Nordamerika und Europa im leben. Auch die in ihrer Heimat verbliebenen Tibeter akzeptieren die provisorische Regierung als ihre einzig legitime. (jam/dpa/AFP)

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