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Politik: Tief im schwarzen Loch

Von Gerd Nowakowski

Als ahnte sie das Unheil: Noch vor der Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Brandenburger CDU-Chef Jörg Schönbohm am Samstag verabschiedete sich die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel. Ein Paar Lobesworte für Schönbohm mussten reichen. Dabei sollte doch die Wahl ein Neuanfang werden, nach monatelangem Streit zwischen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und seinem Widersacher Sven Petke. Heraus kam die institutionalisierte Blockade: der neue Vorsitzende mit knappster Mehrheit gewählt, schon vor dem Start gelähmt, ohne Generalsekretär, der die Geschäfte führen muss, ohne Mehrheit im Vorstand. Chaostage in Brandenburg. Bitterer geht’s nimmer.

Oder doch? Vor acht Jahren stand es ähnlich schlecht um die Brandenburger Union. Bis Jörg Schönbohm kam, der der in unendlichen Scharmützeln ermatteten Partei eine neue Struktur verordnete und eine Strategie dazu. Seit sechs Jahren regiert die CDU mit. Sie hat die unter Ministerpräsident Manfred Stolpe selbstverliebten und spendierwilligen Sozialdemokraten gebändigt – zum Wohle Brandenburgs. Das ist ein echter Erfolg.

Nur in der Partei hat die Ära Jörg Schönbohm wenig verändert. Der Ex-General schaffte Vertrauen bei den Wählern mit dem Abbild einer Partei, die nur eine virtuelle war. Schönbohm war durch seine Autorität seine eigene Partei, sein eigenes Programm. Die Brandenburger Union aber ist eine Parallelgesellschaft. Die alten Widersprüche, die ungelösten Konflikte, die Lust an der Intrige – all das brach durch Schönbohms ungeschickten Rückzug wieder auf. Inhaltlich ist in acht Jahren wenig passiert: Der Partei neue Wurzeln zu geben, das Geklüngel und das rabiate Kleinbürgertum auszuhegen, all das unterblieb. Das ist ein Misserfolg.

Jetzt ist die CDU wie in einer Zeitschleife wieder dort angekommen, wo sie vor Schönbohms Antritt schon einmal stand: im Abseits. Über Hass und Häme aber wird übersehen, dass es in Brandenburg auch um die künftige Programmatik geht. Der neue Vorsitzende Junghanns ist erst 50, trotzdem ist der letzte Vorsitzende der DDR-Bauernpartei ein Mann der älteren Funktionäre. Der wahre Sieger des Wochenendes heißt Sven Petke: Beim Kampf um den Vorsitz unterlag er, bei der Platzierung seiner Anhänger war er höchst erfolgreich. Der ehemalige Generalsekretär mag ein begnadeter Demagoge und Intrigant sein, der keine Trickserei scheut, vor allem aber ist der 39-jährige ein Vertreter einer verjüngten Partei. Mit seiner Verstrickung in die E-Mail-Affäre hat sich Petke ins Abseits manövriert. Aber die Talente für die Zeit nach seinem Abschied zu positionieren, dazu haben Schönbohm die Kraft und der Ehrgeiz gefehlt. Deswegen finden sich Petke, aber etwa auch die frühere Justizminsterin Barbara Richstein zusammen.

Wenn die Union in Brandenburg nicht in den Hinterzimmern verkommen will, braucht sie die Generation der 40-Jährigen. Das Land kommt endlich auf die Füße, hat sich von teuren Illusionen und der Gießkannenförderung verabschiedet und schafft neue Arbeitsplätze. Das ist auch ein Verdienst von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Rings um Berlin wächst jenes Bürgertum heran, von dem die CDU künftig profitieren könnte. Wenn denn die Union eine ernsthafte Alternative wäre. Ansätze einer moderneren Familienpolitik, das Nachdenken über einen liberalen Freiheitsbegriff aber finden sich eher im Lager von Petke und Richstein. Der Vorsitzende Ulrich Junghanns hat seine Stärke als Moderator, ist aber bisher weder als mitreißender Redner noch durch Ideen aufgefallen. Auch mit der Versöhnung der verfeindeten Lager könnte Junghanns überfordert sein.

Zusammenführen und neues Vertrauen schaffen bei den verfeindeten Lagern, wie soll das gehen? Die Brandenburger Union, voll Misstrauen und Verletzungen, ist damit allein überfordert. Vor allem, weil ein Neuanfang nicht möglich ist, ohne Petke und seine Anhänger einzubinden. Die Templinerin Angela Merkel mahnte die Streitenden zur Geschlossenheit – dann verließ sie den Parteitag schnell wieder. So einfach wird sie es sich nicht machen können.

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