zum Hauptinhalt

Todesstrafe: Weißrussland

Nur in einem einzigen Land in Europa werden auch heute noch Todesurteile gefällt und vollstreckt.

In Weißrussland wurden sowohl 2010 als auch 2011 mindestens zwei Menschen hingerichtet. Laut Schätzungen sollen seit der Unabhängigkeit 1991 rund 400 Todesurteile vollstreckt worden sein. Die Todeskandidaten sitzen teils jahrelang im Gefängnis, der Termin für die Hinrichtung wird ihnen vorab nicht mitgeteilt. Sie werden durch einen Genickschuss von hinten getötet. Diese Hinrichtungsart entspricht dem alten sowjetischen Stil. Wird das Gnadengesuch von dem autoritär regierenden Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko abgelehnt – was in den meisten Fällen geschieht –, wird der Häftling kurz darüber informiert, auf die Knie gestoßen und erschossen. Selbst ein letztes Gebet bleibt den zum Tode Verurteilten verwehrt. Die Angehörigen erfahren nach Angaben von Amnesty International oft monatelang nicht, dass das Urteil bereits vollstreckt wurde. Auch erhalten Hingerichtete keine Grabstätte.

Das umstrittene doppelte Todesurteil, das Ende vergangenen Jahres gegen die angeblichen Metro-Attentäter verhängt wurde, hat die weißrussische Öffentlichkeit für das Thema Todesstrafe sensibilisiert. Der Oberste Gerichtshof hatte im November den 25-jährigen Dmitri Konowalow, einen Elektriker aus Witebsk, sowie seinen gleichaltrigen Jugendfreund Wladislaw Kowaljow, einen Schlosser, zum Tode verurteilt. Den beiden wird der geheimnisvolle Bombenanschlag auf eine U-Bahnstation in der Hauptstadt vom April 2011 zur Last gelegt, bei dem 15 Personen getötet worden waren. Vor der Urteilsverkündung hatte Staatschef Lukaschenko öffentlich die „höchstmögliche Strafe“ gefordert.

Doch das Todesurteil für Konowalow und Kowaljow schockierte viele Weißrussen, insbesondere da die Begründung der Schuld nicht stichhaltig erschien. Zudem scheint das Geständnis des Hauptangeklagten, der den Anschlag auch geplant haben soll, durch Folter erpresst worden zu sein. Folter ist in weißrussischen Untersuchungsgefängnissen weit verbreitet, wie durch Berichte von Oppositionellen bekannt wurde, die nach den brutal niedergeschlagenen Protesten nach der Wahl im Dezember 2010 verhaftet worden waren. Nach der Verurteilung der beiden angeblichen U-Bahn-Bomber unterzeichneten innerhalb weniger Tage über 50 000 Weißrussen im Internet eine Petition für die Aufschiebung der Vollstreckung der Todesurteile sowie die Abschaffung der Todesstrafe überhaupt. Das weißrussische Außenministerium hat die internationale Kritik an den Todesurteilen zurückgewiesen. Weißrussland stehe zur Todesstrafe, diese Position werde vom ganzen Volk getragen, lautet die offizielle weißrussische Position.

Die nächste Hinrichtung könnte nun kurz bevorstehen: Konowalow habe das Urteil akzeptiert, erklärte Weißrusslands Generalstaatsanwalt am Freitag. Dagegen stellte Kowaljow, der zweite Verurteilte, ein Gnadengesuch. Darin beteuert er, mit dem Anschlag nichts zu tun zu haben.

Zur Startseite