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Politik: Todesurteil: Geheimer Prozess gegen prominenten islamischen Geistlichen

Das iranische "Sondergericht für Geistliche" - eines der wirkungsvollsten Machtinstrumente der Konservativen in ihrem Kampf gegen die Reformströmung um Präsident Chatami - hat in einem geheimen Prozess den hoch populären Geistlichen Hassan Yussefi Eshkevari für schuldig befunden. Das Gericht bezichtigt ihn unter anderem der "Kriegsführung gegen den Islam".

Das iranische "Sondergericht für Geistliche" - eines der wirkungsvollsten Machtinstrumente der Konservativen in ihrem Kampf gegen die Reformströmung um Präsident Chatami - hat in einem geheimen Prozess den hoch populären Geistlichen Hassan Yussefi Eshkevari für schuldig befunden. Das Gericht bezichtigt ihn unter anderem der "Kriegsführung gegen den Islam". Darauf steht nach iranischem Gesetz der Tod. Mit der Urteilsverkündung wird in den kommenden Tagen gerechnet.

Der 51-jährige, an Diabetes leidende Geistliche zählt zu der Gruppe von 17 reformorientierten Intellektuellen und Politikern, die im April an einer von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin veranstalteten Iran-Konferenz teilgenommen hatten. Die Veranstaltung, die von iranischen Oppositionellen gestört worden war, gab den Konservativen in Teheran den Anlass zu einer Großattacke auf die Reformpresse. 25 reformorienteerte Publikationen wurden seither verboten, zahlreiche Journalisten sitzen im Gefängnis. Alle 17 Teilnehmer an dem Treffen waren nach ihrer Rückkehr in den Iran verhört oder festgenommen worden. In keinem Fall aber gingen die Konservativen so scharf vor wie bei Eshkevari, dem einzigen Geistlichen in dieser Gruppe.

Eshkevari war den Reformgegnern schon lange ein Dorn im Auge. Er hebt sich aus der Schar der politischen Erneuerer um Präsident Chatami ab, da er sich in einer von ihm publizierten, unterdessen jedoch verbotenen Zeitschrift, sowie in zahlreichen Vorträgen für die Neuinterpretation islamischer Prinzipien einsetzte. In Berlin etwa erklärte er, dass die strikten Kleidungsvorschriften für Frauen, der Zwang zur Kopfbedeckung, nicht ihre Grundlage im Koran hätten. Islamische Frauen sollten Freiheit in der Kleidung genießen, forderte Eshkevari.

Mehr als 300 Aktivisten haben Präsident Chatami in einem offenen Brief zur Intervention aufgefordert. Chatami zeigte sich "schockiert" über die Entscheidung des Sondergerichtes - das berichtete jedenfalls eine konservative iranische Zeitung.

Birgit Cerha

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