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Politik: …Tränen wieder rollen

Morgen gehen die Stones auf Welttournee. Für absehbare Zeit ist das heute also der letzte Tag, an dem man noch mal in aller Ruhe Andrew Loog Oldham danken kann, ihrem ExManager.

Morgen gehen die Stones auf Welttournee. Für absehbare Zeit ist das heute also der letzte Tag, an dem man noch mal in aller Ruhe Andrew Loog Oldham danken kann, ihrem ExManager. Oldham hat mal Mick Jagger und Keith Richards zusammen mit einer Gitarre in eine Küche gesperrt. 1964 war das. Adenauer war da fast noch Bundeskanzler und Günter Netzer trug noch kurze Haare. Eine Nacht lang durften die beiden nicht raus, Jagger, Richards, da waren sie ziemlich sauer, und weil es zu teuer gewesen wäre, die Tür einzutreten, haben sie zuerst ins Waschbecken gepinkelt und dann einen Song geschrieben. So entstand „As tears go by“.

Das Ding sollte ursprünglich „As time goes by“ heißen, das biss sich aber irgendwie mit „Casablanca“. Gute 30 Jahre später hat Jagger wegen der schon in der zweiten Zeile vorkommenden Kinder („It is the evening of the day/I sit and watch the children play“) mal gesagt, das Lied sei zwar ein bisschen naiv, habe aber schon damals allemal als Metapher fürs Älterwerden getaugt. Als Jagger das sagte, da hatte Kohl schon die längste Zeit regiert und auch Netzers Haare waren längst nicht mehr so lang.

Was das jetzt alles soll, mit Netzer und Adenauer und Kohl? Ach, das ist nur ein subtiler Trick, um auf die Vergänglichkeit der Zeit hinzuweisen. Jetzt weiter.

Nächstes Jahr kommen die Stones auch in Deutschland vorbei. Vielleicht hat Angela Merkel da ja schon die längste Zeit regiert, weil sie mit ihrem Vorstoß gescheitert ist, die Lebensarbeitszeit auf 75 zu verlängern, und Koch und Wulff und Stoiber singen in irgendeiner VIP-Lounge, wahrscheinlich in der Allianz-Arena, die letzte Zeile von „Angie“ mit: „Angie, Angie, they can’t say we never tried“, dabei sich in den Armen liegend und immer ausgelassener werdend. Nett wäre das nicht! Aber wenn es so kommt, dann ist das, versprochen, schon jetzt ein sehr schönes Thema, um vom „Tag, an dem…“ noch mal am 26. Juli 2018 aufgegriffen zu werden. Mick Jagger wird an diesem Tag 75.

Er ist dann noch auf der Bühne, jede Wette, ganz im Sinne des Merkel’schen Lebensarbeitszeitmodells. Wir aber werden uns spätestens dann hinsetzen müssen – sit and watch –, und uns an all die Metaphern übers Älterwerden erinnern, und auch an unsere Thesen von früher, wonach es Berufsgruppen gebe, bei denen die Sache mit dem Älterwerden nicht so einfach sei: Journalisten zum Beispiel. Und Rockmusiker. Es sei denn, man ist ein Stone. Vbn

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