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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Linke spricht von „sozialer Kälte“: Lindner erteilt Grünen bei Kindergrundsicherung eine Absage

Familienministerin Paus forderte die Grundsicherung für Kinder vehement. Der Finanzminister aber sieht dafür keinen Spielraum – trotz erwarteter Rekordeinnahmen.

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht im Bundeshaushalt kaum Spielraum für die von den Grünen geforderte Kindergrundsicherung. „Für Familien mit Kindern ist bereits viel passiert“, sagte Lindner der „Bild am Sonntag“. Mehr sei zwar „immer wünschenswert, aber nicht immer möglich“.

„Das Kindergeld ist auf 250 Euro erhöht worden, so stark wie seit 1996 nicht mehr“, sagte Lindner. Die Bundesregierung stelle insgesamt für Familien und Kinder sieben Milliarden Euro pro Jahr mehr zur Verfügung. „Das Wesentliche für die Kindergrundsicherung ist damit finanziell getan.“

Er sehe zur Bekämpfung der Kinderarmut andere Ansätze, sagte der FDP-Vorsitzende: „Die Kinderarmut ist oft in der Arbeitslosigkeit der Eltern begründet. Deshalb sind Sprachförderung und Integration der Eltern in den Arbeitsmarkt entscheidend, um die Chancen der Kinder zu verbessern.“ Umverteilung von Geld stoße „irgendwann bei der Armutsbekämpfung an Grenzen“.

Die Ampel ist bisher keine familienfreundliche Regierung.

Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) fordert die Einführung der Kindergrundsicherung vehement und beziffert die Kosten auf zwölf Milliarden Euro pro Jahr.

Als Prioritäten für den Haushalt 2024 nannte Lindner statt der Kindergrundsicherung „die Erneuerung der Infrastruktur aller Verkehrsträger, Digitalisierung des Staates, Ertüchtigung der Bundeswehr, Stärkung von Bildung und Forschung, Modernisierung von Handwerk, Mittelstand und Industrie“. Andere Projekte sollte man „als wünschenswert, aber derzeit nicht realisierbar’ kennzeichnen“.

Für 2024 rechnet der Finanzminister mit Rekordeinnahmen des Staates. „Der Gesamtstaat wird im kommenden Jahr voraussichtlich zum ersten Mal mehr als eine Billion Euro einnehmen“, sagte Lindner. Dennoch reiche das Geld nicht aus, um die gesetzlichen Verpflichtungen des Bundes zu finanzieren, erklärte Lindner gegenüber der Zeitung. „An Mehrausgaben ist momentan nicht zu denken.“

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte Lindner scharf. „Die soziale Kälte des Finanzministers gegenüber armen Kindern ist erschreckend“, sagte Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Die Kinderarmut sei aktuell so hoch wie noch nie zuvor in Deutschland. „Die Ampel ist bisher keine familienfreundliche Regierung.“

Bartsch fügte hinzu: „Familien mit Kindern waren die Verlierer in der Corona-Krise und sind jetzt wieder die Verlierer in Inflationszeiten.“ Die aktuellen Mittel glichen die Inflation mitnichten aus, erklärte er. „Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient. Dafür muss das System vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Nicht unzählige Einzelleistungen, die niemand kennt, sondern eine Grundsicherung, die vor Kinderarmut schützt.“

Einnahmen von mehr als einer Billion Euro

Bartsch rief SPD und Grüne auf, sich gegen Lindner durchzusetzen: „Die Kindergrundsicherung steht im Koalitionsvertrag“, sagte er. „Über Nacht konnte Olaf Scholz 100 Milliarden für die Bundeswehr locker machen.“

Nun müsse der Bundeskanzler erneut handeln, so der Linke: „Es braucht jetzt eine klare Ansage des Kanzlers in Sachen Kindergrundsicherung“, forderte Bartsch. „Das Geld ist zweifelsfrei da – in Zeiten von Rekordeinnahmen im Haushalt einerseits und Rekordausgaben für das Militär andererseits.“

Auch die Grünen sehen nun Scholz am Zug. „Wer eine gute Zukunft für Deutschland will, der darf jetzt nicht an unseren Kindern sparen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Andreas Audretsch, der „Süddeutschen Zeitung“. Es komme jetzt vor allem auf die SPD und den Bundeskanzler an. „Mit leerem Magen kann kein Kind lernen, in Angst vor dem Ende des Monats lässt es sich nicht auf die Zukunft konzentrieren“, sagte Audretsch. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebe in Armut.

Lindner wird in diesem Jahr keine Eckpunkte für den Haushalt mehr vorlegen. „Ich warne alle, die nach leichten Lösungen wie Steuererhöhungen suchen. Das wäre wirtschaftlich falsch. Diese Regierung muss die Kraft finden zu sparen.“ Üblicherweise werden vor dem endgültigen Regierungsentwurf für den Etat noch die sogenannten Eckwerte vorgelegt.

Eigentlich hätte Lindner diese Pläne Anfang März präsentieren sollen. Er verschob den Termin aber, weil sich die Ministerien noch nicht einigen konnten. Der endgültige Regierungsentwurf soll nach bisherigem Plan nach der Mai-Steuerschätzung am 21. Juni vom Kabinett gebilligt werden. Danach ist der Bundestag am Zug, der den Haushalt Anfang Dezember beschließen will. (AFP, dpa, lem)

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