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Tschechien: Parlamentswahlen machen Regierungswechsel möglich

Tschechien steht nach der Parlamentswahl vor einem Machtwechsel. Laut ersten Hochrechnungen kam die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS) auf 37 Prozent der Stimmen, die regierende CSSD auf 31 Prozent.

Prag - Der Vorsitzende der EU-skeptischen konservativen Partei, Mirek Topolanek, betonte seinen Anspruch auf die Führung der neuen Regierung. Er wolle in einer Koalition mit den Christdemokraten (KDU-CSL) die seit acht Jahren regierenden Sozialdemokraten (CSSD) ablösen, sagte der 50-jährige Konservative.

Die CSSD von Ministerpräsident Jiri Paroubek kam der Hochrechnung zufolge auf 31 Prozent (2002: 30,2 Prozent). «Für dieses Ergebnis müssten wir uns nicht schämen», sagte der 53-Jährige, der zunächst keine Niederlage einräumen wollte. Beide Parteien hatten vor der Wahl eine große Koalition ausgeschlossen. Eine wichtige Rolle wird daher der christdemokratischen KDU-CSL zukommen, die bereits ihre Bereitschaft zu einer Koalition mit der ODS signalisiert hatte. Sie konnte der ersten Hochrechnung zufolge acht Prozent der Stimmen (2002: 14,3 Prozent in einem Zwei-Parteien-Bündnis) gewinnen.

Als dritte Kraft in einer solchen möglichen Koalition gelten die Grünen (SZ), die mit rund sieben Prozent erstmals in einem ehemals sozialistischen Land den Sprung ins Abgeordnetenhaus schafften. Die Vizevorsitzende der Grünen, Dana Kuchtova, sprach von einem «historischen Moment», und ihr Vorstandskollege Petr Stepanek jubelte: «Das ist schöner als Silvester!» Als fünfte Partei im Abgeordnetenhaus vertreten sein werden die Kommunisten (KSCM) mit zwölf Prozent (2002: 18,5 Prozent). Sie hatten den Sozialdemokraten vor der Wahl ein Bündnis vorgeschlagen, das jedoch keine Mehrheit haben dürfte.

Paroubek hatte im Wahlkampf einen Ausbau des Sozialstaats versprochen, der aber schwer zu finanzieren sein dürfte. Topolanek wiederum kündigte Reformen an sowie die Einführung einer auf 15 Prozent angesetzten Einheitssteuer («flat tax»), die «zu einem Höchstmaß an Klarheit im Einkommenssteuerrecht führen» soll. Der ODS- Vorsitzende sprach sich auch mehrfach gegen eine Vertiefung der Europäischen Union aus. Den geplanten EU-Verfassungsvertrag nannte er im Wahlkampf «einen Haufen Mist».

Die Wahlbeteiligung lag Schätzungen zufolge bei rund 64 Prozent der acht Millionen Wahlberechtigten gegenüber 58 Prozent vor vier Jahren. In Prag wurde erwartet, dass Staatspräsident Vaclav Klaus (ODS) in den nächsten Tagen mit den Parteispitzen zusammenkommt. Insgesamt bewarben sich 5000 Kandidaten aus 25 Parteien um die 200 Sitze in der unteren Kammer des Parlaments. Mit dem amtlichen Endergebnis wurde spätestens am Sonntagmorgen gerechnet. (tso/dpa)

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