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Politik: Tschechiens Premier will ohne Mehrheit weiterregieren

Sozialdemokrat Spidla schließt Neuwahlen nach Abstimmungsniederlage über Steuererhöhungen aus / Heute Beratungen mit Präsident Havel

Prag. Nach nur zwei Monaten befindet sich Tschechiens Mitte-Links-Koalition in einer schweren Krise. Nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament will sie nun Neuwahlen vermeiden und mit einer Minderheitsregierung weitermachen. Die stünde angesichts der Abschlussverhandlungen mit der EU enorm unter Druck. Die liberale Freiheitsunion und ihre drei Minister sollen ausgeschlossen werden. Die Abstimmung im Parlament über Steuererhöhungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden zeigte, wie anfällig die Drei-Parteien-Koalition unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Vladimir Spidla war.

Sie stützte sich im Parlament auf nur 101 von 200 Mandaten und hat die Abstimmung verloren, weil eine der eigenen Abgeordneten zusammen mit der Opposition gegen die Steuererhöhungen stimmte. Die fragliche Abgeordnete, Hana Marvanova von der Freiheitsunion, galt schon seit den Koalitionsverhandlungen als Wackelkandidatin. Aus Protest gegen das Bündnis mit den Sozialdemokraten hatte sie den Vorsitz ihrer liberalen Freiheitsunion abgegeben. Sie wollte aber weder auf ihr Parlamentsmandat noch auf den Posten einer stellvertretenden Parlamentspräsidentin verzichten. Nun hielt sie es für „unmoralisch“, die Einkommensteuer bei Großverdienern befristet von 32 auf 35 Prozent zu erhöhen. Die Freiheitsunion hält zehn Mandate; von ihren Abgeordneten bezeichnen sich zwei als unabhängig. Nachdem Marvanova ein Ultimatum der Sozialdemokraten zurückgewiesen hatte, ihr Mandat aufzugeben, strebt Spidla eine Minderheitsregierung an.

Sie wird sich weiterhin auf die Christdemokraten unter Außenminister Cyril Svoboda stützen können; die Freiheitsunion hat Zustimmung zu einzelnen Projekten angekündigt. Auch die Kommunisten haben Spidla versprochen, ihm bei der Suche nach Mehrheiten behilflich zu sein. Spidla wollte seine Entscheidungen noch am Sonntag treffen, um sich am heutigen Montag abschließend mit Präsident Vaclav Havel zu besprechen.

Die Freiheitsunion kritisierte, auch Ex- Außenminister Jan Kavan (Sozialdemokrat) gefehlt. Er ist seit Präsident der UN-Vollversammlung in New York. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament hatte ihn seine Partei aufgefordert, sein Mandat zurückzulegen. Paul Kreiner

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