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Unzufriedenheit über die grassierende Arbeitslosigkeit und die anhaltende Armut ließen die Tunesier gegen ihren Präsidenten laut werden.

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Zweiter Jahrestag der Revolution: Tunesier werfen Steine auf Präsidenten

Vor zwei Jahren verbrannte sich der Straßenverkäufer Mohammed Bouazizi selbst und löste damit die tunesische Revolutionsbewegung aus, die den Machthaber Ben Ali stürzte. Bei der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag machen die Tunesier ihrer Unzufriedenheit mit der neuen Regierung Luft.

Am Jahrestag der tunesischen Revolution sind Staatschef Moncef Marzouki und Parlamentspräsident Mustapha Ben Jaafar bei einer Gedenkveranstaltung mit Steinen beworfen worden. Bei ihrem Auftritt in Sidi Bouzid, dem Ausgangsort der Revolution, mussten Marzouki und Ben Jaafar am Montag in Sicherheit gebracht werden. Zwei Jahre nach dem Sturz des Machthabers Ben Ali nährt die anhaltende Wirtschaftsmisere die Unzufriedenheit der Tunesier.
Das zentral gelegene Sidi Bouzid gehört zu den ärmsten Regionen Tunesiens. Dort nahm am 17. Dezember 2010 die Revolution gegen Präsident Zine el Abidine Ben Ali ihren Anfang, als der Straßenverkäufer Mohammed Bouazizi sich selbst verbrannte, um gegen die sozialen Missstände in dem nordafrikanischen Land zu protestieren. Als Marzouki einen Blumenkranz am Grab Bouazizis niederlegte, schrien die Menschen den vor rund einem Jahr gewählten Staatschef an.
In seiner Rede auf dem Platz, auf dem sich einst Bouazizi anzündete, bat Marzouki die Tunesier um mehr Geduld. „Die Regierung hat keinen Zauberstab, mit dem sie die Dinge ändern könnte“, sagte der Präsident. Es brauche Zeit, um mit dem „Erbe von 50 Jahren Diktatur“ aufzuräumen.

Aus der versammelten Menge von rund 5000 Zuhörern gellten Marzouki Pfiffe und „Verschwinde - Verschwinde!"-Rufe entgegen. Als im Anschluss an Marzoukis Rede Ben Jaafar das Podium betrat, flogen Steine. Die Sicherheitskräfte brachten die beiden Spitzenpolitiker umgehend in die Präfektur, sie blieben unverletzt. Die Polizei ging nicht gegen die wütende Menge vor, als diese das Podium stürmte. Der Aufstand gegen Ben Ali war aus der Unzufriedenheit über die grassierende Arbeitslosigkeit und die anhaltende Armut entstanden.

In den vergangenen Monaten hatte sich an den Zuständen kaum etwas geändert, zumal Tunesien in den Monaten des Umbruchs in eine Rezession rutschte. Heute leidet die Wirtschaft unter der Krise in der Euro-Zone, dem wichtigsten Handelspartner des Landes. Die Arbeitslosenquote liegt bei 18 Prozent.

Auch innenpolitisch sind viele Tunesier enttäuscht: Vierzehn Monate nach der Wahl der verfassunggebenden Versammlung haben sich die Delegierten noch immer nicht auf einen Verfassungsentwurf einigen können. Ende November kam es in der nördlich gelegenen Stadt Siliana über fünf Tage zu Unruhen. Zudem heizen radikalislamische Gruppen den politischen Diskurs zusätzlich an. (AFP)

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