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Politik: Überflieger vor dem Absturz

Litauens Präsident Paksas droht wegen Kontakten zur russischen Mafia das Aus

Erst im Januar 2003 hatte er die Präsidentschaftswahlen in Litauen überraschend klar gewonnen – Rolandas Paksas, gelernter Flieger, ehemaliger Bürgermeister der Hauptstadt Vilnius und kurzzeitig auch Premierminister. Doch schon vor seiner überraschenden Wahl zum Staatspräsidenten war der Verdacht aufgetaucht, der Überflieger der litauischen Politik könne mit unsauberen Mitteln gearbeitet haben. Jetzt wird ein Rücktrittsverfahren gegen Parkas immer wahrscheinlicher.

In erster Linie betrifft dies die Finanzierung seines Wahlkampfes und mögliche Kontakte zur Mafia. Dabei war von Beginn an die Frage gewesen, aus welchen Quellen die Gelder tatsächlich kamen, die Paksas für seinen Wahlkampf erhalten hatte. Außerdem war die genaue Höhe der Zuwendungen bis vor kurzem unklar gewesen. Der Wahlkampf war sehr aufwändig gewesen – mit groß angelegten Umzügen und Flugaktionen.

Seit dem 3. November nun ist das politische Leben Litauens in Aufruhr: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Hauptgeldgeber des Präsidenten, und ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigt sich mit Beweisstücken, die den Präsidenten und seine Berater zutiefst kompromittiert haben. Im Verlauf dieser Untersuchungen, deren Ergebnis Anfang der Woche offiziell bekannt gegeben wird, hat sich folgendes herausgestellt: Zum einen waren die von Paksas angegebenen Summen zur Wahlkampfunterstützung falsch gewesen. Statt einer Million Litas hat er wohl dreimal soviel erhalten, mindestens aber 1,2 Millionen Dollar.

Zum anderen ist auch sicher, dass Paksas Sponsoren und seine engsten Berater in zweifelhaftem Kontakt zur russischen Mafia stehen. Offenbar wurde sogar aus dem Präsidialamt heraus versucht, demokratische Kontrollorgane auszuschalten, um diesen Fakt zu verschleiern .

Inzwischen demonstrieren die Litauer seit Tagen gegen Rolandas Paksas. Seit dem Ende der Sowjetzeit, in der die Menschen über lange Zeit hin still, aber mit Nachdruck für ihre Unabhängigkeit demonstriert hatten, sind das nun zum ersten Mal wieder größere Demonstrationen von einigen Tausend Leuten auf den Straßen der Hauptstadt Vilnius. Wieder geht es den Menschen um die Würde ihres Volkes gegenüber den Repräsentanten der Macht. Dieses Mal allerdings geht es gegen einen demokratisch gewählten Präsidenten und die hinter ihm stehenden Kräfte.

Derweil sieht sich Rolandas Paksas als Opfer dunkler Kräfte. Statt einer konkreten Auseinandersetzung mit den vorliegenden Fakten oder eines Eingeständnisses seiner Schuld wirft er seinen Gegnern mangelnde Staatsraison vor. Kürzlich versuchte er offenbar durch einen Abstecher in den Irak, sein arg ramponiertes Image etwas aufzupolieren. In dem Land sind litauische Truppen unter polnischem Kommando stationiert. Auch Parkas Anhänger plakatierten vor kurzem noch: „Das Volk für Paksas – die Elite dagegen.“ Doch schon jetzt scheint klar, mit diesem Präsidenten kann Litauen keinen Staat mehr machen, schon gar nicht im erweiterten Europa.

Julian Wyszynski[Vilnius]

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