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Kongo: UN machtlos: Kongo vor neuem Krieg?

Im Osten Kongos tobt ein Jahr nach den Wahlen, die eigentlich Frieden und Stabilität bringen sollten, erneut ein Krieg. Hunderttausende sind auf der Flucht.

Die einen nennen Laurent Nkunda einen Dissidenten-General, der an der Spitze einer Mörderbande Angst und Schrecken verbreitet. Die anderen sehen in ihm einen Beschützer vor bewaffneten Milizen und den Verhinderer eines weiteren Genozids an den leidgeprüften Tutsi. Wie auch immer: , der über 300 000 Menschen aus ihren Dörfern fliehen ließ. Sie berichten von Überfällen, Plünderungen, Morden und Vergewaltigungen – durch Regierungstruppen ebenso wie durch Nkundas Armee und andere Milizen in der Region.

Zu Jahresbeginn hatte Nkunda sich einverstanden erklärt, seine Leute in die noch im Aufbau befindliche nationale Armee einzugliedern. Doch dann stoppte er dies, als die Streitkräfte ihrerseits verkündeten, dass sie nicht länger die berüchtigten Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR) bekämpfen würden. Im Gegenteil: Die FDLR soll inzwischen sogar Munition von der kongolesischen Armee bekommen. Die FDLR besteht aus ruandischen Hutu-Soldaten, die nach dem von ihnen begangenen Völkermord an den Tutsi 1994 nach Kongo geflohen waren und seitdem im Grenzgebiet ihr Unwesen treiben. Sie wollen wieder in Ruanda an die Macht. Um dies zu verhindern, unterstützt Ruanda, wo seitdem eine mehrheitlich aus Tutsi bestehende Regierung im Amt ist, Nkunda, der zu den Banyamulenge gehört, einem Tutsi-Volk, das schon seit etwa zwei Jahrhunderten im Osten Kongos lebt und das unter dem früheren kongolesischen Diktator Mubutu keine staatsbürgerlichen Rechte hatte. Seit vor mehr als einem Jahrzehnt die in Ruanda unterlegenen, aber bewaffneten Soldaten in das Gebiet flohen und auch gegen sie kämpften, sind die Banyamulenge dort bedroht, erst recht seit dem Friedensschluss 2002, der die ruandischen Truppen zum Abzug zwang. General Nkunda kämpft seither gegen die Vertreibung der Banyamulenge.

Außerdem treiben im Osten Kongos noch immer zahlreiche Milizen und Banden ihr Unwesen, da die Region sehr rohstoffreich ist. Sie lassen Gold, Coltan und andere Bergbauerzeugnisse von meist zwangsrekrutierten Kongolesen unter primitiven Bedingungen abbauen und kaufen vom Erlös neue Waffen, die den Krieg verewigen: Wer über mehr Feuerkraft verfügt, kann anderen bewaffneten Gruppen deren Territorium wieder abnehmen – ein blutiger Kreislauf der Gewalt. Die in der Region stationierten Friedenstruppen der Vereinten Nationen können dagegen nur punktuelle Erfolge verzeichnen.

Hinzu kommt, dass etwas weiter nördlich im Albertsee Erdöllagerstätten gefunden wurden. Durch den See aber verläuft die Grenze zwischen Kongo und Uganda. Zwischen Soldaten beider Länder kam es in den vergangenen Wochen mehrfach zu Feuergefechten wegen Gebietsstreitigkeiten. Erst vor wenigen Tagen starben dabei wieder sechs Menschen. So sind außer den Beziehungen Kongos zu Ruanda, das Kinshasa der Unterstützung der FDLR bezichtigt, nun auch die zum Nachbarn Uganda belastet. Beide Länder drohten schon damit, wieder – wie in der Vergangenheit – Truppen über die Grenze zu schicken, um ihre Interessen mit Waffengewalt zu schützen. Und so kommt nicht nur der Osten des Kongos nicht zur Ruhe, sondern die ganze Region droht wieder zum Kampfgebiet zu werden. Helmut Schneider

Helmut Schneider

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