zum Hauptinhalt

Unabhängige Untersuchung: Kommission stellt Wahlen in Kenia Armutszeugnis aus

Die Wahlen in Kenia im Dezember 2007 waren gekennzeichnet durch "weit verbreitete Schmiergelder, Stimmenkauf, Einschüchterung und Manipulation von Urnen", stellt eine Juristenkommission fest. Das Land blickt schon auf eine lange, unschöne Tradition zurück.

Johann Kriegler, ehemaliger Verfassungsrichter in Südafrika, hält nicht viel davon, Probleme schönzureden. Nach einem halben Jahr intensiver Arbeit an der Spitze einer unabhängigen Untersuchungskommission, die die in wochenlanger blutiger Gewalt endenden kenianischen Wahlen im vergangenen Dezember untersucht hat, kommt er zu einem geradezu vernichtendem Urteil: "Die Wahlen sind durch eine Vielzahl von Unregelmäßigkeiten derart verpatzt worden, dass niemand sagen kann, wer eigentlich gewonnen hat."

Auf fast 400 Seiten fasst die achtköpfige Juristenkommission zusammen, was sie in Gesprächen mit Politikern, Wahlleitern und einfachen Bürgern herausgefunden hat. "Es gab einen allgemeinen Missbrauch des Wahlvorgangs, gekennzeichnet durch weit verbreitete Schmiergelder, Stimmenkauf, Einschüchterung und Manipulation von Urnen", betonte Kriegler, der selbst bei den ersten Wahlen nach dem Ende der Apartheid Vorsitzender der Wahlkommission gewesen war. Auch seinen kenianischen Kollegen stellte er ein Armutszeugnis aus: "Sie waren nicht unredlich, sie waren inkompetent."

Bei Unruhen starben über 1500 Menschen

Diese Inkompetenz hat mehr als 1500 Menschenleben gekostet in den blutigen Unruhen nach den Wahlen. Noch immer leben tausende der rund 350.000 Menschen, die vor der politischen und ethnischen Gewalt flohen, in Flüchtlingslagern. Vor allem das absehbare Kopf-an-Kopf- Rennen bei der Präsidentenwahl - gleichzeitig wurden auch Parlament und Gemeinderäte gewählt - bewegte Vertreter aller Seiten offenbar zur Manipulation. Ein nach Auffassung der Kommission fehlerhaftes und dringend reformbedürftiges Wahlrecht begünstigte das noch. So fanden sich die Namen von 1,2 Millionen Toten in den Wählerverzeichnissen, während nahezu ein Drittel der Wahlberechtigten gar nicht registriert war. Vor allem Frauen und Erstwähler waren so von der Stimmabgabe ausgeschlossen.

Das alles wäre eigentlich schon schlimm genug. Doch leider haben Chaos und Gewalt Tradition. "Eines der Hauptergebnisse (der Untersuchung) war, dass Wahlen in Kenia notorisch schlecht sind", rügte Kriegler. Die Wahlen im vergangenen Dezember seien zwar noch schlimmer als die Urnengänge in der Vergangenheit gewesen, letztlich aber keine Ausnahme. "Ihr seid seit Jahren daran gewöhnt, dass Wahlergebnisse gefälscht und manipuliert werden." Die Kenianer müssten endlich lernen, dass Wahlen eine verantwortliche Entscheidung mündiger Bürger seien und keine Gelegenheit, missliebige Nachbarn oder Mitglieder anderer ethnischer Gruppen zu töten.

Viele Länder in Afrika haben ähnliche Probleme

Aber Kenia sei nicht das einzige Land dieser Art, fügte Kriegler hinzu. "Diese Vorgänge haben wir in vielen Ländern in Afrika." Für ihn als Juristen wie für viele, die sich seit Jahren für Menschenrechte einsetzen, sei es "tragisch und unerträglich, wie das Recht in Simbabwe pervertiert worden ist", sagte er mit Blick auf die umstrittenen Wahlen in dem Krisenstaat vor sechs Monaten.

In der Tat lassen auch andere anstehende Wahlen Sorgen aufkommen. So sollen die Menschen in der westafrikanischen Elfenbeinküste Ende November erstmals nach dem blutigen Bürgerkrieg über die politische Zukunft ihres Landes entscheiden - doch die Wahlvorbereitungen laufen derzeit sehr schleppend. In Ghana hat der Präsidentenwahlkampf offiziell noch nicht begonnen, doch schon jetzt gibt es Tote durch politische Gewalt. In Kamerun wiederum ließ Präsident Paul Biya kurzerhand die Verfassung ändern, um nach zwei Amtszeiten erneut zur Wahl antreten zu können. Eine Niederlage kalkuliert er dabei offenbar nicht ein.

Eva Krafczyk[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false