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Richard Schröder wird 75.

© Kai-Uwe Heinrich, tsp

Richard Schröder wird 75: Unbequem und glaubensfest

Der Theologe und SPD-Politiker war in der DDR ein Unangepasster. Und das ist er auch nach deren Untergang geblieben.

Warum sollte einer, der in der DDR als bekennender Christ schon nicht angepasst war, nach der Wiedervereinigung plötzlich zum Ja-Sager und Ab-Nicker werden? Richard Schröder, 1943 in ein christliches Elternhaus in Sachsen geboren, war schon als junger Mensch überzeugter Protestant.

Fehlendes gesellschaftliches Engagement wurde in der DDR generell zum Vorwurf der SED, um unbequeme junge Menschen von den Universitäten fern zu halten. Richard Schröder galt offenbar als so wenig von der kommunistischen Partei führbar, dass ihm selbst das Theologiestudium an der Universität verweigert wurde. Er ging seinen bekennenden Weg dennoch unbeirrt, studierte Philosophie und Theologie an kirchlichen Ausbildungsstätten und promovierte, letzten Endes vom Staat murrend anerkannt. 1991, im Jahr nach der Einheit, wurde er Professor an der Humboldt-Universität, hatte sich zuvor an der kirchlichen Hochschule in Leipzig habilitiert. Nach der Emeritierung 2009 blieb Schröder vielfältig aktiv, unter anderem im Nationalen Ethikrat und in der Debatte über das Holocaust-Mahnmal und als vehementer Förderer des Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses.

Christsein mitten in der Welt

Für seine Studenten, aber nicht nur für die, war er durch sein politisches Engagement ein Vorbild für Christsein mitten in der Welt. Er wurde am 18. März 1990 in die erste und einzige frei gewählte Volkskammer gewählt, war dort Fraktionsvorsitzender der SPD und bis zur Konstituierung des ersten gesamtdeutschen Bundestags am 2. Dezember 1990 Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion. 1994 kam er ins Gespräch als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Wolfgang Schäuble hatte sich für ihn stark gemacht, aber Helmut Kohl zögerte. Auch seiner eigenen Partei, der SPD, war er wohl zu unangepasst, zu gesprächsbereit auch mit Christdemokraten.

Parteiübergreifend engagierte er sich in dieser Zeit zusammen mit Lothar de Maizière, dem letzten und einzigen frei gewählten Ministerpräsidenten der DDR, in der „Werkstatt Deutschland“. In der Flüchtlingsdebatte des Jahres 2015 wandte er sich entschieden gegen die Politik Angela Merkels – die Kanzlerin der Einheit hatte er noch Jahre zuvor hoch gelobt – und differenzierte scharfzüngig (auch im Tagesspiegel) zwischen dem Recht auf Asyl für politisch Verfolgte und der Situation von Einwanderern, denen er ein Recht auf den Zugang zu einem Staat ihrer Wahl abstritt. Am 26. Dezember wird Richard Schröder 75 Jahre alt.

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