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Tarifstreit: Uni-Kliniken vor bundesweiten Dauerstreiks

Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen der Tarifgemeinschaft der Länder und dem Marburger Bund wollen die Ärzte weiter streiken.

Berlin - Die Ärzte wollen die deutschen Universitätskliniken nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen mit den Ländern ab Montag weitgehend lahm legen. Die Mediziner werden ihre Arbeit nach Angaben des Marburger Bundes (MB) an 35 Unikliniken und psychiatrischen Landeskrankenhäusern während der ganzen kommenden Woche niederlegen. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und die Ärztegewerkschaft MB machten sich gegenseitig dafür verantwortlich, dass die seit Oktober vergangenen Jahres laufenden Gespräche auch in der Nacht zu Freitag ergebnislos blieben. Ein neuer Verhandlungstermin wurde nicht vereinbart.

Die TdL verteidigte ihr Angebot von angeblich 16 Prozent mehr Gehalt. Der MB wies die Darstellung als «Unverschämtheit» zurück. Das von den Arbeitgebern vorgeschlagene Tarifgefüge bringe nur ein Plus von 1 Prozent. Der TdL-Vorsitzende, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), sagte der «Netzeitung»: «Mehr ist nicht drin - irgendwer muss das alles ja bezahlen.»

Möllring forderte MB-Chef Frank Ulrich Montgomery zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. «Herr Montgomery hat den Raum verlassen», sagte er nach dem fast elfstündigen Gespräch in Dresden. «Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.» Montgomery sagte im Sender N24: «Von mir aus kann's morgen weitergehen mit vernünftigen Verhandlungen.» Erst müsse es aber ein «anständiges Angebot» geben.

Nach Ablauf der ersten vollen Streikwoche wollen die Ärzte am kommenden Freitag darüber beraten, ob sie aus Rücksicht auf die Patienten eine Streikpause einlegen oder den uneingeschränkten Ausstand fortführen. Bislang waren die Arbeitsniederlegungen an wechselnden Kliniken tageweise geführt worden. Der Dauerstreik umfasst sämtliche Unikliniken in zwölf Bundesländern. Berlin und Hessen gehören der TdL nicht an, Bremen und Brandenburg haben keine derartigen Kliniken. Notfälle würden weiterhin behandelt, versicherte Montgomery.

Möllring sagte: «Wir lassen uns nicht erpressen.» Er erwartet, dass zahlreiche Patienten von den Universitätskliniken zu anderen Krankenhäusern abwandern. Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe warf der TdL vor, durch ihre «Zermürbungstaktik» auf den Abbau von Versorgungskapazitäten in den Kliniken abzuzielen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beziffert die Ausfälle pro Streiktag und Krankenhaus auf 250.000 bis 600.000 Euro.

Die TdL hatte dem MB vorgeschlagen, dass ein junger Assistenzarzt statt 3090 Euro künftig 3600 Euro - in Ostdeutschland 3200 Euro - monatlich bekommen solle. «Wenn die jungen Ärzte hören, dass sie 510 Euro im Monat mehr verdienen können, werden sie dem Marburger Bund sagen, da schlagen wir ein», sagte Möllring.

Montgomery hingegen betonte, dass Weihnachtsgeld und Vergütung von Mehrarbeit bei diesem Angebot einfach ins Gehalt eingerechnet seien. Als reale Steigerung bleibe lediglich ein Prozent. Dies sei «schlicht zu wenig». Die Gewerkschafter streiken seit dem 16. März für 30 Prozent mehr Lohn. Der MB habe zudem flexible Arbeitszeiten, Bereitschaftsdienste und eine lange Vertragslaufzeit bis Ende 2009 angeboten, sagte Montgomery.

Der TdL-Vizevorsitzende, Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD), warf dem MB im Deutschlandfunk vor, Zahlen aus der Vergangenheit als Grundlage zu nehmen. Nach dem Willen der Ärzte sollen nicht nur Verschlechterungen der vergangenen Jahre ausgeglichen werden. Bereits 2003 und 2004 hatten die Länder Verträge über Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Arbeitszeiten gekündigt. Während der MB Lohn- Steigerungen auf der Basis der 38,5- Stunden-Woche fordert, legt die TdL 42 Stunden zu Grunde.

Als möglicher Teilausweg aus dem festgefahrenen Konflikt gelten Einzelabschlüsse zwischen MB und einigungswilligen Ländern wie Baden- Württemberg und Bayern. Dazu bräuchten diese Länder eine TdL- Erlaubnis, wenn sie nicht ganz aus der Tarifgemeinschaft austreten wollen. Montgomery bezeichnete dies im Sender n-tv als «zweitbeste Lösung». Anschließend blieben nur die ärmeren Länder in der TdL zurück. (tso/dpa)

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