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Politik: Union lässt Leyen mit den Krippen allein

CDU und CSU stellen massiven Ausbau der Kinderbetreuung in Frage / SPD: Ministerin ist isoliert

Von Robert Birnbaum

Berlin - Die Unionsführung hat die Pläne von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zum massiven Ausbau der Kleinkindbetreuung in Frage gestellt. Bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Montagabend zogen nach Angaben aus Teilnehmerkreisen sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (beide CDU) den von der Ministerin angemeldeten Bedarf von 750 000 Krippenplätzen bis zum Jahr 2013 in Zweifel.

Nach dem Treffen sagte Kauder, die Ministerin werde im Gespräch mit Ländern und Kommunen klären, inwieweit es überhaupt Bedarf an neuen Krippenplätzen gäbe. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, auf einem Familiengipfel vor Ostern solle geprüft werden, ob das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel ausreiche, 230 000 neue Betreuungsplätze für Kleinkinder bis zum Jahr 2010 zu schaffen. Sollte sich tatsächlich zusätzlicher Bedarf herausstellen, sei dies „dann auch eine politische Entscheidung“.

Die SPD werte den Ausgang des Koalitionstreffens als Zeichen für mangelnde Unterstützung der Familienministerin in den eignen Reihen. „Frau von der Leyen hat nicht den Rückhalt in der eigenen Fraktion“, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck. Die SPD sei aber wie die Familienministerin der Meinung, „dass wir zusätzliche Plätze brauchen“. Er hoffe, dass Merkel auf dem Familiengipfel ihre Zustimmung dazu gebe. „Im Augenblick sieht das nicht so aus.“ SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach von „Verwirrung in der Union über den Bedarf an Betreuungsplätzen“.

Leyen selbst beharrte am Dienstag auf ihrer Krippenoffensive. „Keineswegs sind meine Vorschläge vom Tisch, im Gegenteil“, sagte sie am Rande einer Podiumsdiskussion zur Gleichstellungspolitik, an der auch Merkel teilnahm. Leyen kündigte an, sie werde sich mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden abstimmen und bis Mitte April ein Konzept für den Ausbau der Kinderbetreuung vorlegen. Ihr Ziel seien weiterhin 750 000 Plätze bis 2013. „Wir wollen den europäischen Durchschnitt erreichen“, sagte sie. Dies bedeute für 30 Prozent der Eltern ein Betreuungsangebot. Die Äußerungen Leyens sorgten in der Fraktionsspitze der Union nach Tagesspiegel-Informationen für Verärgerung. Man erwarte von der Ministerin jetzt mehr Zurückhaltung, hieß es.

Ungeachtet der widersprüchlichen Aussagen von Unionspolitikern und Leyen sagte die Kanzlerin, die Ministerin habe die Unterstützung der Koalition. In den alten Bundesländern sei die Wahlfreiheit für Eltern wegen fehlender Betreuungsplätze noch nicht gegeben. Merkel forderte ein neues Männerbild: „Die Gleichstellung der Frau wird ohne eine Veränderung des Rollenbildes des Mannes nicht möglich sein.“ Es müsse eine neue Aufgabenteilung geben, die von Männern akzeptiert werde. „Wir gehen in eine neue Zeit“, sagte sie. Die Kanzlerin appellierte in diesem Zusammenhang an die Wirtschaft. Es sei ein Skandal, dass nur ein Vorstandsmitglied eines Dax-Unternehmens weiblich sei.

Bei den ebenfalls strittigen Fragen Bleiberecht für Nichtdeutsche und Mindestlohn näherten sich die Koalitionspartner einander am Montagabend an, erzielten aber keine Einigung.

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