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Die deutsche Innenministerin: Nancy Faeser (SPD).

© dpa/Michael Kappeler

„Unsere Maßnahmen greifen“: Faeser verteidigt Kontrollen an allen deutschen Grenzen – Polen bekräftigt Kritik

Ab Montag soll die Bundespolizei an weiteren Grenzen präsent sein – bis zur Umsetzung der EU-Asylreform. Aus Sicht der Innenministerin ist der Schritt alternativlos. Die Behörde rügt Faeser.

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München, Solingen, Mannheim – die Bundesregierung hat auf die jüngsten Gewalttaten in Deutschland reagiert und verschärft die Sicherheitsmaßnahmen. Ab Montag wird an allen deutschen Grenzen wieder kontrolliert. Die stationären und mobilen Kontrollen sind zunächst für ein halbes Jahr bis Mitte März vorgesehen, können aber verlängert werden. Eigentlich sind solche Kontrollen im Schengenraum mit seinen 29 Staaten nur als letztes Mittel erlaubt.

Die Ressourcen von Bund und Ländern zur Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten seien „nahezu erschöpft“, heißt es einem Bericht der Agentur dpa zufolge in einem Schreiben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an die EU-Kommission. Neben „Gefahren durch den islamistischen Terrorismus“ hätten zudem „zuletzt Vorfälle von Messer- und Gewaltkriminalität durch Geflüchtete zu einer massiven Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls und des inneren Friedens geführt“.

Unsere Maßnahmen greifen – und wir verstärken sie weiter, um die irreguläre Migration zurückzudrängen.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD)

Zwei Tage vor Inkrafttreten der Ausweitung der Grenzkontrollen hat Faeser diesen Schritt nun erneut gegen Kritik verteidigt. „Unsere Maßnahmen greifen – und wir verstärken sie weiter, um die irreguläre Migration zurückzudrängen“, sagte die Ministerin der „Augsburger Allgemeinen“. „Ab Montag wird die Bundespolizei an allen deutschen Grenzen Binnengrenzkontrollen vornehmen“, sagte Faeser.

Bisher hatte die Bundespolizei wegen der Migrationslage an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz kontrolliert. Zusätzlich betroffen sind nun Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Belgien und Dänemark.

„Durch die schon laufenden Grenzkontrollen seit Oktober 2023 sind mehr als 30.000 Personen an den deutschen Grenzen zurückgewiesen worden“, sagte sie. Dies habe dazu beigetragen, dass die Asylzahlen um mehr als ein Fünftel im Vergleich zum vergangenen Jahr gesunken seien. In der Debatte um die Migrationspolitik pocht vor allem die Union mit Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) auf umfassende Zurückweisungen.

Schärfere Maßnahmen auf nationaler Ebene seien notwendig, bis die Umsetzung der europäischen Asylreform greife, fügte Faeser hinzu. „Damit werden endlich die Außengrenzen der EU umfassend geschützt und die Verantwortung für Geflüchtete in Europa fairer verteilt“, sagte sie. „Künftig können Menschen nicht mehr unregistriert weiterreisen.“ Sie fügte hinzu: „So entlasten wir unsere Kommunen dauerhaft.“ 

Die im Frühjahr beschlossene Reform regelt die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu. Sie sieht außerdem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen für Menschen aus Ländern vor, die als relativ sicher gelten. Bis die Reform wirkt, dauert es aber noch. Die Mitgliedstaaten müssen sie bis spätestens Mai 2026 in nationales Recht umsetzen.

Das ist noch nicht zu Ende gestrickt und hängt auch damit zusammen, dass die Ankündigung der Ministerin sehr überraschend kam.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich der Bundespolizei

Die Bundespolizei äußerte mit Blick auf fehlendes Personal erneut Zweifel an der Umsetzbarkeit der verschärften Kontrollen. „Die Bundespolizei ist bis Montagfrüh damit beschäftigt, Kräfte zusammenzuziehen“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich der Bundespolizei, Andreas Roßkopf, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist noch nicht zu Ende gestrickt und hängt auch damit zusammen, dass die Ankündigung der Ministerin sehr überraschend kam.“

„Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine längerfristige Überlastung kommen. Denn die Kontrollen werden ja ein halbes Jahr oder sogar länger dauern“, warnte Roßkopf. „Schon jetzt haben wir bei jüngeren Kollegen eine Kündigungsrate von über 25 Prozent“, fügte er hinzu.

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Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk kritisierte die Zunahme der Kontrollen an europäischen Binnengrenzen. „Das einzige Mittel, um nicht ordnungsgemäße Einwanderung zu stoppen, ist es, die Außengrenzen der EU effizient zu kontrollieren. Nicht die Binnengrenzen“, erklärte Tusk am späten Freitagabend im Internetdienst X. Er äußerte sich nach einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die polnische Haltung sei in dieser Frage unverändert, erklärte Tusk weiter. 

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rief andere europäische Länder auf, dem deutschen Beispiel zu folgen. „Es geht darum, einen Dominoeffekt in Richtung der europäischen Außengrenzen zu erzeugen“, sagte Dobrindt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er äußerte sich konkret mit Blick auf Österreich.

„Wenn Flüchtlinge über Österreich zur deutschen Grenze kommen, muss ihnen die Einreise verweigert werden“, forderte Dobrindt. Österreich habe die Möglichkeit, „seinerseits dafür zu sorgen, dass Asylbewerber nicht einfach nach Österreich kommen“.

Diese müssten bereits in den Ländern an der EU-Außengrenze registriert werden, verlangte der CSU-Politiker. Die österreichische Regierung hat allerdings bereits deutlich gemacht, das Land werde von Deutschland an der Grenze abgewiesene Geflüchtete nicht wieder zurücknehmen.

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