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Politik: Unter den Linden: Tabak oder Gurke?

Es ist eine heikle Sache mit dem Sponsoring auf Grünen-Parteitagen. Im Bundestagswahljahr 1998 unternahm die Partei einen Versuch und ließ einen Zigarettenhersteller eine Presselounge aufbauen - so wie es bei den Parteitagen von Union und FDP üblich ist.

Von Matthias Meisner

Es ist eine heikle Sache mit dem Sponsoring auf Grünen-Parteitagen. Im Bundestagswahljahr 1998 unternahm die Partei einen Versuch und ließ einen Zigarettenhersteller eine Presselounge aufbauen - so wie es bei den Parteitagen von Union und FDP üblich ist. Gepflegt konnten die angereisten Journalisten mit den führenden Vertretern der Partei bei Rauchwaren und kleinen Speisen parlieren, während die einfachen Delegierten über den Unterlagen brüteten. Doch die Basis brachte kein Verständnis für die Zweiklassengesellschaft auf. Nach Protesten blieb der Versuch in den Leipziger Messehallen einmalig.

Bis zu diesem Wochenende: im feinen Ostsee-Badeort Warnemünde lud die Grünen-Führung am Freitagabend zum Presseempfang ins ehemalige Interhotel Neptun ein. Früher bewirtete dort gern die DDR-Nomenklatura ihre Gäste. Diesmal ließen sich die Grünen ihr festliches Buffet bezahlen - von einem Zigarrenfabrikanten. Gemerkt hat es diesmal vom Parteivolk keiner. Der Neptun-Hotelklotz am Strand liegt ausreichend viele Kilometer weg vom Tagungsort Rostock entfernt. Ob die "taz" zum Presseempfang eingeladen worden wäre, hätte Parteichefin Claudia Roth die Samstagsaufmachung der Zeitung schon gekannt? Das steht auf einem anderen Blatt. "Gurke des Jahres" hat das links-alternative Blatt den Vorbericht über den Grünen-Parteitag betitelt - über einem Großfoto von Roth. Bei künftigen Parteitagen wird Claudia Roth gegenüber unbotmäßiger Presse nicht mehr so wehrlos sein. Für den nächsten Kongress im März in Berlin will sie mit einem neuen Sponsor verhandeln, der Gurkenindustrie aus dem Spreewald.

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