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Politik: Unter den Tisch gekehrt

Hamburgs Koalition erklärt die Krise für beendet. Schill verzichtet auf eine Klage – und auf eine Entschuldigung

Von Karsten Plog, Hamburg

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust hatte es eilig, vor zahlreichen Medien im Raum 151 des Rathauses über seinen Erfolg zu berichten. Noch vor der üblichen Senats-Pressekonferenz verkündete er, sichtlich erleichtert, vor den aufgebauten Mikrof onen das Ende der Koalitionskrise. Innensenator Ronald Schill, der die Krise ausgelöst hatte, war nicht erschienen.

Eine Stunde lang hatten Ole von Beust und Schill am Montagmorgen miteinander gesprochen. Bei diesem Gespräch sowie bei den zweistündigen Beratungen im Senat seien deutliche Worte gefallen, versicherte von Beust. Schill habe bedauert, bei seiner Rede im Bundestag die Rolle des Senators mit der des Parteivorsitzenden vertauscht zu haben. Er verzichtet zudem auf die von ihm angekündigte Verfassungsklage gegen den Bundestag. Der Senat beschloss auch eine Änderung der Geschäftsordnung. Damit solle sichergestellt werden, dass die Hamburger Landesregierung künftig mit einer Stimme spricht. Von einer Entschuldigung Schills beim Bundestag war dagegen nicht mehr die Rede.

Schill hatte dort am vergangenen Donnerstag als Vertreter des Hamburger Senats ganz gezielt mit seinen demagogischen Angriffen auf das Parlament, auf Ausländer und Europa genau die Aufmerksamkeit provoziert, die ihm zuletzt im Wahlkampf gefehlt hatte. Aber auch der Verzicht auf die angekündigte Klage – Vizepräsidentin Anke Fuchs hatte ihm während seiner Rede das Mikrofon abgestellt – bereitet dem einstigen Richter Gnadenlos wohl kaum Bauschmerzen. Noch Ende der vergangenen Woche hatte Schill keinen Grund gesehen, seinen Auftritt zu bedauern und hatte darauf bestanden, Klage einzureichen. Doch schon am Montag sprach der Innensenator nur noch davon, eine Klage „prüfen" zu wollen. Schill selbst ist bis zum 22. September vor allem Wahlkämpfer und dabei wird er sich keinen Maulkorb verpassen lassen. Ole von Beust, gefragt, ob Schill als Wahlkämpfer freie Hand habe, meinte am Freitag, sein Vertrauen in die politische Reife der Menschen sei so groß, dass die gut unterscheiden könnten, was im Parlament und was draußen gesagt werde.

Die aktuelle Krise ist erst einmal erledigt. Jedenfalls bis zur nächsten Wahl in Hamburg. Denn zweifellos hat der immer wieder aufflammende Streit um Schill in den Fraktionen von CDU und FDP Narben hinterlassen und neue Belastungen könnten sehr schnell zum Ende der Koalition führen. Auch Schills eigene Partei steht längst nicht mehr so geschlosssen hinter ihrem Gründer wie noch vor einigen Monaten. Sein Stellvertreter Mario Mettbach etwa hatte Schills Vorstellung in Berlin als „sehr unglücklich“ bezeichnet und auch Umweltsenator Peter Reehag äußerte sich kritisch.

Weil der Bürgermeister offensichtlich nicht in der Lage sei, die nötigen Konsequenzen aus dem Verhalten Schills zu ziehen, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Grund, „muss jetzt die Bürgerschaft ihn auffordern, Schill zu entlassen". Die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Krista Sager, meinte: „Anstatt Schill rauszuschmeißen, muss der Bürgermeister die Änderung der Senatsgeschäftsordnung als Erfolg verkaufen. Peinlich dabei ist, dass hier nur geregelt wurde, was in jeder normal funktionierenden Regierung selbstverständlich ist."

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