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Protest der Gläubigen: Bürger demonstrieren vor dem in die Schlagzeilen geratenen Bischofssitz in Limburg gegen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Foto: dpa

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Politik: Unter Verschluss

Bistümer in Deutschland müssen ihr Vermögen nicht offenlegen. Deshalb weiß keiner, wie reich die katholische Kirche tatsächlich ist.

Berlin - Was bisher über die Finanzierung des neuen Bischofssitzes in Limburg bekannt wurde, legt die Vermutung nahe: Da wurde getrickst, verschleiert und getäuscht. Dass dem Bischof und seinem Generalvikar dabei keiner auf die Schliche gekommen ist, liegt auch daran, dass die 27 deutschen Bistümer zwar ihre Haushaltspläne öffentlich machen müssen – sie sind schließlich Körperschaften des öffentlichen Rechts – nicht aber ihr Vermögen. Die Kirche beruft sich dabei auf ihr im Grundgesetz verankertes Selbstbestimmungsrecht. Deshalb kann auch keiner sagen, wie reich die katholische Kirche in Deutschland ist. Manche Bischöfe wissen nicht einmal wie groß das Vermögen des eigenen Bistums ist.

Grundsätzlich unterscheiden die Bistümer zwei Haushalte: den Bistumshaushalt und den des Bischöflichen Stuhls. Sowohl Bistum als auch Bischöflicher Stuhl sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die regulären monatlichen Ausgaben etwa für das Gehalt von Bischöfen, Priestern und anderen Mitarbeitern werden über den Bistumshaushalt abgewickelt. Das Haushaltsvolumen des Kölner Erzbistums, des größten deutschen Bistums, beträgt dieses Jahr 758,6 Millionen Euro. Das des kleinen Berliner Diaspora-Erzbistums 182 Millionen Euro. Die Budgets der meisten anderen liegen dazwischen.

Diese Bistumshaushalte werden von externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchleuchtet und in Auszügen in den Amtsblättern der Kommunen veröffentlicht; manche Bistümer stellen die Haushaltspläne mittlerweile auch auf ihre Internetseite. Das heißt, es werden nach dem kameralistischen Bilanzierungsprinzip Einnahmen und Ausgaben aufgelistet, am Ende gleicht sich beides aus. Doch diese Zahlen spiegeln nur die halbe Wahrheit.

Denn das Grundvermögen, zu dem Liegenschaften, Immobilien und Kapitalvermögen gehören, fällt nicht in den öffentlich ausgewiesenen Bistumshaushalt. Das Grundvermögen erscheint dort nur indirekt in Form der daraus resultierenden Kapitalerträge. Dieses Grundvermögen gehört zum Bischöflichen Stuhl und wird nicht öffentlich gemacht. Es lassen auch nicht alle Bistümer externe Wirtschaftsprüfer darauf schauen. Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb der Limburger Bischof unbemerkt Geld aus dem Vermögen des Bischöflichen Stuhls für den Neubau seines Bischofssitzes verwenden konnte.

Durch die Krise in Limburg alarmiert, erklärten jetzt die Bischöfe aus Essen und Münster, künftig die Vermögen des Bischöflichen Stuhls zu veröffentlichen. In Essen soll es sich nach eigenen Angaben um 2,2 Millionen Euro handeln, in Münster um 2,37 Millionen Euro. Auch im Kölner Erzbistum denke man darüber nach, sagte der Sprecher.

Das Berliner Erzbistum hatte nach dem Finanzdebakel vor zehn Jahren die Trennung zwischen den beiden Haushaltsposten aufgehoben. Hier werden sowohl der allgemeine Bistumshaushalt als auch das Grundvermögen durch externe Prüfer kontrolliert – veröffentlicht wird aber auch in Berlin nur der Bistumshaushalt. Die Angaben der Wirtschaftsprüfer über die Entwicklung des Grundvermögens sind nur für den internen Gebrauch.

Wirtschaftsprüfer raten den Bistümern seit längerem, von der kameralistischen auf die handelsrechtliche Bilanzierung umzustellen. Denn dann würde in der Bilanz auch das Grundvermögen ausgewiesen, und alle könnten sehen, ob es schmilzt. Dies wäre ein großer Schritt hin zu mehr Transparenz. Bislang ist lediglich Hamburg dem Rat gefolgt.

Wie groß das Grundvermögen der 27 Bistümer ist, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Weder die Bistümer noch die Bischofskonferenz machen Angaben über Ländereien, Immobilien oder Kapitalvermögen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist einen Schritt weiter und nennt auf ihrer Internetseite Zahlen, wenn auch sehr veraltete. Ausgehend von Hochrechnungen und der Annahme, die Besitztümer von evangelischer und katholischer Kirche seien ähnlich groß, schätzte der Kirchenkritiker Carsten Frerk das Vermögen der katholischen Kirche im Jahr 2002 auf 500 Milliarden Euro. Die Kirche wies die Zahl als „reine Spekulation“ zurück und merkte an, dass viele Grundstücke und Immobilien auch gar nicht „marktfähig“ seien, weil es sich um Kirchen oder Gemeindezentren handle.

Fakt ist: Die Erträge aus Mieten, Pachten und Zinsen aus dem ominösen Grundvermögen machen nur einen kleineren Teil der Bistumshaushalte aus. Der größte Einnahmeposten sind die Kirchensteuern (acht beziehungsweise neun Prozent der Lohn- und Einkommenssteuer). 2012 haben die 27 katholischen Bistümer zusammen 5,2 Milliarden Euro eingenommen. Im Berliner Erzbistum machen die Kirchensteuern 50 Prozent der Gesamteinnahmen aus, im Erzbistum Köln sogar 75 Prozent.

Einnahmen haben die Bistümer auch durch die sogenannten Staatsleistungen: Ausgleichszahlungen der 16 Bundesländer für Kirchengüter, die im Rahmen der Säkularisierung 1803 enteignet wurden. Dieses Jahr zahlen die Länder 221 Millionen Euro an Staatsleistungen an die katholische Kirche. Für Aufgaben im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich, für die eigentlich der Staat zuständig wäre, bekommen die Kirchen ebenfalls staatliche Zuwendungen. Claudia Keller

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