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Politik: Unter zweiten und dritten Männern in der CDU macht Angela Merkel den souveränsten Eindruck

Für Wolfgang Schäuble ist die "Zeit der reinen Selbstbeschäftigung zu Ende". Angela Merkel ist "überzeugt, dass die jetzige Parteiführung gut im Sattel sitzt".

Für Wolfgang Schäuble ist die "Zeit der reinen Selbstbeschäftigung zu Ende". Angela Merkel ist "überzeugt, dass die jetzige Parteiführung gut im Sattel sitzt". Volker Rühe geht in den Schluss-Spurt seines Landtagswahlkampfes in Schleswig-Holstein. In Nordrhein-Westfalen beginnt für Jürgen Rüttgers langsam aber sicher die heiße Phase. Und im April kommt die CDU zu ihrem Bundesparteitag zusammen.

Kein Wunder, dass hinter vorgehaltener Hand Zweifel an der Sattelfestigkeit der Parteispitze angemeldet werden und gefragt wird, wie viel Zeit neben der "reinen" Selbstbeschäftigung wirklich für Anderes übrig bleibt. Denn auch wenn Schäuble die Akten der Affäre Kohl nun an die Staatsanwaltschaft weitergegeben hat - er trägt weiter die politische Verantwortung dafür, wie es weiter geht mit dem Zentralthema der vergangenen Wochen: "Aufklärung". Und er wird im Zweifel mindenstens von den Splittern getroffen, wenn wieder eine publizistische Bombe hochgeht.

Schäuble sieht sich gestärkt. Schaut man in die Zeitungen, vergegenwärtigt sich die Kommentare in Rundfunk und Fernsehen, taucht die Frage auf: Wieso? Solange Helmut Kohl die Namen der Spender nicht nenne, meinte Volker Rühe im Interview mit dem Tagesspiegel, sei die Partei vogelfrei. Daran hat sich nichts geändert.

Geändert hat sich auch nichts daran, dass hinter den Kulissen und hinter Schäubles Rücken über Alternativen zu ihm nachgedacht wird - auch wenn der Parteichef gerade die Absicht bekundet hat, im April erneut zu kandidieren.

Sicher scheint nur eins: Bis zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat der Badener den Job sicher. Am Abend des 27. Februar wird über seine Zukunft entschieden. Ein gewichtiges Wort wird dabei Volker Rühe haben.

In der Partei werden zwei Varianten diskutiert: Erstens, der Ex-Verteidigungsminister verliert mit Pauken und Trompeten. Dann hat auch er die Zukunft hinter sich. Es gilt als unwahrscheinlich, dass er sich dann bei Schäuble für dessen grandioses Krisenmanagement bedankt. Schon jetzt wird ihm nachgesagt, dass er nicht zu jenen gehört habe, die dem Parteichef die Rücktrittsabsicht ausgeredet haben. In Variante zwei schafft Rühe eine "achtbare Niederlage" (von einem Sieg geht keiner mehr aus). Dann ist für ihn die Versuchung groß, selbst den kommenden Mann zu geben - zumal er doppelten Zeitdruck verspürt.

Mit 57 Jahren zählt er zu den Senioren der Nach-Kohl-Generation. Noch eine Chance hätte er nicht. Rühe müsste auch zugreifen, um Jürgen Rüttgers auszubremsen. Wenn er selbst erträglich abschneidet, hätte auch der fast zehn Jahre jüngere Rheinländer eine Chance, dessen Wahl nach dem Parteitag stattfindet.

In der Vergangenheit, vor der Kohl-Krise, hat der Norddeutsche gelegentlich zu erkennen gegeben, dass er die Stunde der nächsten Generation für noch nicht gekommen sieht. Das unter anderem hatte ihn an die Seite Schäubles geführt. Auch daran, wie wenig er von den "Jungen Wilden" hält, jener Gruppe der nachrückenden Fraktionsvorsitzenden aus den Ländern, hat er damals keinen Zweifel gelassen.

Heute hält sich der Ex-Verteidigungsminister, der einst sein Haus mit harter Hand regiert hatte, zurück. Wer an die Spitze will, braucht Partner. Weder im Falle Rühe noch bei den anderen Aspiranten ist absehbar: Wer mit wem?

Dass die Bekundungen, keiner wolle gegen Schäuble antreten, jeder habe in seinem Landesverband genug zu tun, nicht zum Nennwert genommen werden müssen - darüber wird hinter vielen vorgehaltenden Händen in der CDU eifrig diskutiert. In diesen Spekulationen hat daher der Name Volker Rühe Hochkonjunktur - wenn er von Würde und Bürde des Spitzenkandidaten befreit ist.

Machte er den "Königsmörder", dürfte dies allerdings seine ohnehin gering ausgeprägt Beliebtheit in der Partei kaum steigern. Kein Wunder, dass in diesen Tagen die Frau unter lauter zweiten und dritten Männern mit Drang nach Höherem den ruhigsten Eindruck macht: Generalsekretärin Angela Merkel.

Thomas Kröter

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